Mit dem Zug durch Indien – davon wird ja viel geschwärmt und so lief ich ein bißchen aufgeregt, kurz vor 7 Uhr früh, durch die Straßen Mumbais zum Hauptbahnhof. Von Gleis 16 sollte mein Zug Richtung GOA losfahren. Ich hatte mich entschieden, die 8-stündige Reise tagsüber zu machen, da der Reiseführer eine interessante Strecke durch die Landschaft versprach.
Mit dem Zug nach GOA
Das Museumsteil, welches mich auf Gleis 16 begrüßte, ließ mich schmunzeln und erst recht der ausgedruckte A4 Zettel mit den Sitzplatzreservierungen an der Wagontür. Immerhin fand ich meinen Namen da drauf – puh, schon mal den richtigen Zug, in die richtige Richtung erwischt.
Ich fand in meinem Bereich 6 Liegen vor – 2 übereinander auf jeder Seite, wie wir es von unseren Abteilen kennen und zwei übereinander da, wo bei uns eigentlich der Durchgang ist. Zur Grundausstattung gehören ein Kissen, ein Bettbezug und eine Wolldecke.
Das mit dem Ausblick hatte sich leider erledigt, da ich vom dem netten Servicemitarbeiter am Schalter in einen Wagen mit Klimaanlage platziert wurde und die Scheiben dort getönt sind. Die Fahrt an sich war relativ unspektakulär – auch die zweistündige Verspätung ist für unsereiner ja kein wirkliches Phänomen 😉
Danke Google Maps am Ziel ankommen
Und wieder einmal war ich dankbar Google Maps an meiner Seite zuhaben, ich hätte sonst meine Haltestelle verpasst. Es gibt weder Anzeigetafeln, geschweige denn elektronische Displays, in den Zügen noch eine Durchsage, die ich vermutlich eh nicht verstanden hätte.
In Pernem musste ich meine Verhandlungskünste wieder hervorkramen. Ich fand einen Rikscha-Fahrer, der bereit war mich für den von mir anvisierten Preise zu fahren. Als ich in der kleinen Nussschale saß habe ich dann erst Google Maps konsultiert wo ich denn eigentlich hin müsste. Da tat mir das Verhandeln dann schon fast wieder leid. Der Arme musste mich 45 Minuten Berg auf und Berg ab kutschieren und vor Ort brauchten wir einige Anläufe um das Hostel zu finden. Das war wirklich hart verdientes Geld. Mittlerweile war es dunkel und ich froh endlich da zu sein….in dem 6 Bett Zimmer, in dem es aussah als hätte eine Bombe eingeschlagen. Ich war nun in Anjuna, der Partyhochburg im Norden GOAs.
Partyleben in Anjuna
Ich hätte auch direkt mit den 20zig-Jährigen mitziehen können – und ich weiß dass der eine oder andere Leser jetzt heftig mit dem Kopf nicken wird und hofft dass ich es auch getan habe. Ähm, also um ehrlich zu sein, nein, ich bin im Hostel geblieben. Gegen 23 Uhr kamen die Mädels aus meinem Zimmer kurz rein, um sich fertigzumachen und weg waren sie. Um 9 Uhr am nächsten Morgen kam eine (!) zurück, um sich zu duschen und war wieder weg. Ach, nochmal 20 sein!
Als ich in der Nacht angekommen war und noch einmal kurz raus bin, um was zu essen, fand ich den Ort alles andere als heimelig. Und die Aussicht für längere Zeit in diesem Chaos zu hausen fand ich wenig überzeugend. Ich glaube dafür bin ich noch nich lang genug unterwegs. Also hatte ich relativ schnell beschlossen hier nicht länger als die gebuchten zwei Nächte zu bleiben.
Kein Shopping, der Rucksack ist schon schwer genug
Der berühmte Anjuna Flohmarkt hätte mich unter normalen Umständen aufgeheitert. Aber ich muss ja an allen Klamotten-, Tücher- und Bling-Bling-Ständen vorbeilaufen. Etwas zu kaufen, was den Rucksack noch schwerer macht ist Tabu. Und noch sind die Klamotten nicht aufgetragen ;-). Aber es fiel mir schwer, sehr schwer!
Der Strand war toll – endlich war ich am Meer und stürzte mich auch gleich auf die erste Liege die sich mir in den Weg stellte. Sonnen tanken, dem Meeresrauschen zuhören, den Blick in die Ferne schweifen lassen – das fühlt sich genau richtig an. Der Rückweg führte mich durchs Dorf- ich wollte es mir wenigstens mal bei Tageslicht anschauen- und ich war ungelogen die Einzige, die zu Fuß unterwegs war.
Tipp: Scooter mieten und selber losdüsen
Jeder Depp, ob nun mit Rastas oder ohne, ob alt oder jung, fährt hier Scooter oder Motorrad, niemand läuft! Ich muss unbedingt bei der nächsten Gelegenheit Scooter fahren lernen – bisher habe ich mich aber noch nicht getraut. Weniger Angst habe ich ja beim Mitfahren. Und so ging es am nächsten Morgen mit Sack und Pack aufs Motorrad zur lokalen Busstation.
Mit dem Bus durch Indien
Bus fahren läuft für mich hier so ab…ich laufe erstmal den Bus von vorn bis hinten ab, in der Hoffnung ein Schild mit der Richtung in Nicht-Hindi zu finden. Wenn ich Glück habe ist der Bus dann noch da und ich kann einsteigen oder er fährt einfach weiter, was mir auch schon zweimal passiert ist. Ansonsten ist es recht unkompliziert, da die Busse recht häufig fahren. Bezahlt wird im Bus und das ist echt günstig. Und so war ich dann mit einmal Umsteigen an meinem neuen Ziel, in Panji, der Hauptstadt von GOA.
Panji, die Hauptstadt von GOA
Hier sind damals die Portugiesen gelandet – was heute noch anhand der wunderschönen Architektur, den unwahrscheinlich vielen und riesigen Kirchen und vereinzelten Straßennamen zu erkennen ist. In Panji fühlte ich mich naja, nicht wirklich heimisch, aber irgendwie auch nicht wie in der weiten Ferne. Die Stadt, bzw. das Sehenswerte an der Stadt, war relativ schnell durchlaufen.
Highlights in Panji
Zwei Highlights waren die kurze Floßüberfahrt mit der lokalen Fähre – auf meinem Posten konnte ich schmunzelnd beobachten, wie sich die Einheimischen mit und ohne Scooter auf diese kleine Fähre drängten, um dann auf der anderen Seite, zwischen runter- und raufdrängenden Fahrgästen, ihre Scooter rückwärtig gen Land zu manövrieren. Bereits auf meiner ersten Indienreise habe ich beobachtet, dass das geordnete ein- und aussteigen nicht des Inders Sache ist. Und daran hat sich auch nichts geändert.
Zum Abendessen gab es ein ausgezeichnetes indisches Curry mit Shrimps und ein großes Bier – das zweite Highlight.
Indien kulinarisch
Zum Thema Essen: Bisher läuft alles prima – momentan gibt es viel Fisch-Currys, gestern hatte ich einen frischen Fisch vom Grill. Das einzige Hühnchen bisher war zwar Mega lecker, aber vermutlich dann doch etwas zu scharf, so dass ich nicht lange was davon hatte. Aber das war bis heute der einzige Vorfall, und im normalen Rahmen. Was richtig lecker ist, ist das in Butter getränkte Naan – eine Art indisches Weizentortilla-hmmmm, köstlich und die Lassis. Ach, da könnte ich mich reinlegen!
Ab an den Strand – Palolem
Im Hostel lernte ich eine Kanadierin, Christa (39), kennen, die ihr Leben komplett aufgegeben hat und jetzt so lange reist, bis das Geld ausgeht. Sie ist bereits seit 3 Monaten unterwegs und hatte mir als nächste Station Palolem, im Süden von GOA angepriesen. Ich wollte sowieso noch ein paar Tage am Strand relaxen, bevor es dann wieder Richtung Landesinnere geht.
Ich hatte so die Vorstellung von einer kleinen Hütte, ganz für mich. Direkt am Strand. Mit einer Hängematte und beim einschlafen und aufwachen würde ich das Meeresrauschen hören. Da die Saison hier langsam zu Ende geht, im Juni kommt der Monsun, meinte Christa, dass es mit einer Unterkunft am Meer überhaupt kein Problem geben sollte. Ich bin los, ohne eine Übernachtung gebucht zu haben. Das ist selbst für mich ein Novum. Ganz ohne konnte ich es dann aber doch nicht mit meinem deutschen Gewissen vereinbaren und hatte mir wenigstens einen Anbieter rausgesucht, den ich als erstes ansteuern wollte.
Typisch Deutsch – ein Problem?
Am späten Mittag kam ich dann also in Palolem an und hier ist mir dann etwas passiert, was mich echt erschreckt hat. Ich bin raus aus dem Bus, Handy im Anschlag, und wollte mir mit Google Maps den Weg suchen. Ein Inder sprach mich natürlich mit dem typischen „Guesthouse wanted“ oder „Taxi/ Taxi“ an und ich habe noch ganz nett „No thank you“ gesagt.
Er folgte mir, nicht wirklich aufdringlich, aber als ich dann die Straße zweimal hoch und runter bin, weil ich die Unterkunft nicht finden konnte, war er wieder an meiner Seite. Nachdem er mich nochmal fragte, sagte ich ihm dann wo ich hin wollte und er bot mir an mich da hin zu fahren, was ich dankend ablehnte – wer weiß wo der mich abgesetzt hätte!!!!!
Er meinte immer wieder „ich bring dich nur bis vor zur Straße und zeig dir wo es ist“ …ich wurde etwas unwirsch in meiner Abweisung, was mir natürlich gleich wieder leid tat und ich so etwas sagte wie „ no problem i will find my way“. Er antwortete darauf „your problem is that you are German“ – hui, das saß, vor allem aber auch weil er recht hatte.
Das ist wirklich ein Problem, dieses fucking auf der Hut sein, bloß nicht von irgendjemand übers Ohr hauen lassen. Man was hätte mir am helllichten Tag mitten im Gewusel von Palolem schon passieren können. Am Ende haben wir beide gelacht und ich meinte nur „yes, you’re right“.
Das gute daran, die Richtung in die er wollte, war es dann auch nicht. Er fragt jemand und der führte uns dann wieder in die andere Richtung. Er fuhr dann vor und meinte er würde mir zeigen wo ich rein müsste und ich trottelte wie ein Packesel hinter ihm her. Selbst Schuld!
Tja, und dann war ich da nun…das Meer konnte ich nicht sehen, die Hütten waren dunkel und keine hatte eine Hängematte. Die anderen Hütten die mir gezeigt wurden waren super klein, stickig und besaßen ein gruseliges Bad. Nach einigem verhandeln und weil ich auch keine Lust mehr hatte in der sengenden Sonne weiter zu suchen habe ich mich für eine dunkle, aber große Hütte, mit schlechtem W-Lan und ohne Meerblick entschieden.
Eine Woche wohnen direkt am Strand
Wirklich happy war ich damit aber nicht 🙁 Um mich abzulenken bin ich dann erstmal ans Meer – was nicht gerade dazu beitrug meine Laune zu heben. Denn kaum da angekommen, reihten sich direkt eine nach der anderen, wunderschöne kleine bunte Hütten am Strand entlang – und ich sah diese eine Hütte, lila, auf Stelzen, mit unverkennbaren Meerblick, einer Hängematte auf dem Balkon und ich sah meinen Namen über der Tür. Das war meine Traumhütte – ich war verliebt, und koste es was es wollte, hier gehörte ich hin.
Verdammt! Ich also an die „Rezeption“ gestiefelt, die lediglich aus einem Tisch und 4 Stühlen mitten am Strand bestand, und nach dem Preis gefragt. Es war um einiges teurer als meine aktuelle Bleibe, aber immer noch günstiger als vermutet.
Auf dem Weg zurück zu meiner ersten Bleibe habe ich mir alle möglichen Entschuldigungen und Erklärungen überlegt, warum ich nach 30 Minuten wieder ausziehen wollte. Mit einem reumütigen Blick bin ich dann auch als erstes zu dem Typen hin und meinte, dass ich wieder ausziehen würde, da ich direkt am Strand was gefunden hätte – und ehe ich noch loslegen konnte mit meinen ganzen Ausflüchten meinte er nur „No Problem“.
Ah ok, das war ja einfach. In null Komma nix hatte ich meine Sachen zusammengepackt und bin wie auf Wolken meiner Traumhütte entgegen geflogen. Ich war selig. Ich hatte mir die Hütte ja nicht nochmal zeigen lassen, aber alles ist traumhaft. Sie ist geräumig, mit einem große Himmelbett, großem Bad…ach einfach perfekt. Ich hab dann auch den restlichen Tag nichts anderes gemacht, als in der Hängematte abzuhängen bis zum Sonnenuntergang.
Und immer die selbe Frage „Are you married?“
Am selben Abend habe ich Sunnit (27) kennengelernt. Einen Inder, der für 2-3 Tage hier her gekommen ist. Die ersten beiden Fragen kenne ich ja mittlerweile. Ob ich allein hier wäre und ob ich verheiratet bin. Wenn ich letzteres mit nein beantworte kommt die unausweichliche nächste Frage, warum denn nicht.
Das selbe Gespräch führte ich drei Tage zuvor mit dem indischen Hostelmanager in Anjuna. Als Frau allein zu reisen und erst recht allein zu leben ist für die Inder unvorstellbar. Der Abend war sehr nett und spannend, aber ich hatte wenig Lust ihn die nächsten 2 Tage zu bespaßen. Es war relativ schwierig ihn „los zu werden“. Nach dem ich mich am zweiten Tag dann regelrecht vor ihm versteckt habe, hat es dann nur noch auf die wenig nette Art des einfach nicht meldens funktioniert.
Seit drei Tagen fröhne ich nun dem süssen Müßiggang. Frühstücken am Strand, ab und zu laufe ich diesen rauf und runter, gehe schwimmen und lese wahnsinnig viel. Ich komme schon gar nicht mehr mit den ganzen Rezensionen hinterher. In zwei Tagen geht es mit den Nachtbus weiter nach Hampi.
Hier geht’s zu den Fotos.
4 Comments
Busfahren mit Janine finde ich super. 🙂 Muss echt lachen. Noch lieber chille ich in Gedanken mit in einer Hängematte und gehe zwischendurch Schwimmen. Es klingt weiterhin super. Und während sich normalerweise nach ca. 2 Wochen die Rückreise ankündigt, reist du einfach weiter. 🙂
Das mit dem weiterreisen hab ich noch gar nicht verinnerlicht. Das Ticket nach Sri Lanka ist aber schon gekauft ?
Dennis, da hast du völlig recht. Am Strand das Leben genießen und dabei nicht denken müssen: Sch… nur noch paar Tage und dann geht’s wieder in den Alltag. Da lässt es sich gleich viel besser und gedankenloser entspannen.
Haha, meine erste Rollerfahrt war auch der Kracher. Ich hab meine Frau gefragt, ob der Tacho kaputt sei, denn der zeigt nix an. Tja, der zeigt halt auch erst ab 20km/h an!!!! Und ich kann schwören, das es mir sehr schnell vorkam 🙂
Schreib weiter so toll, das versüßt mir immer die Bahnfahrt!