Allgemein, Asien, Philippinen

Manila-Stadt der Super Kontraste

30. Juni 2016

Philippinen– endlich! Schon lange hatte ich nicht mehr so eine Vorfreude im Bauch auf die Entdeckung eines Landes. Die Philippinen sind Neuland für mich, im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht, weil ich noch nie dagesessen bin, sondern weil auch vor mir noch niemand aus meinem weiteren und engeren Umfeld dort war. Es gab keine Routenvorschläge, Tipps und gutgemeinte Ratschläge. jetzt bin ich wieder komplett auf mich allein gestellt und erkunde das Land wie einst Kolumbus die weiten Meere. 🙂 So bin auch ich ohne Plan und Ziel aufgebrochen, erster Stopp Manila, Hostel für 2 Nächte gebucht und dann sehen was kommt. Die Einreise verlief erfreulich schnell und mega unkompliziert. Endlich konnte ich die schon lang vermissten Immigrations- und Zollbescheinigungen ausfüllen. Bei Ankunft bekommt man ein Visum für 30 Tage -umsonst. Zum Hostel ging es mit einem Grab-Taxi, dass ist sowas wie Uber. Hier schon die erste Premiere. Völlig unkompliziert am Flughafen via App gebucht, zugegebenermaßen gab es einen Schalter vor Ort der das für mich erledigt hat ;-), und keine 3 Minuten später stand mein privater Taxifahrer vor mir und los gings nach Makati. Es ist drückend heiß – in Sekunden rinnt mir der Schweiß aus allen Poren. Frieren werde ich hier wohl nicht so schnell. Und erfreulicherweise ist es zwar bewölkt, aber es regnet nicht. War ich bisher immer ein Verfechter der Theorie „Das Gras ist überall grün und der Himmel überall blau.“ fand ich bereits in Vietnam das Gras viel grüner und die Wolken hier, über den Philippinen, die sind einfach atemberaubend anders. Der Himmel über Manila war eine wahre Wolkenpracht, es fühlt sich an wie in einem Fantasyroman, und verleiht der Stadt eine unglaubliche Weite.

Der Stadtteil Makati erinnerte mich sehr an New York. Hier gibt es viele, viele Hochhäuser, wahnsinnig viel Verkehr, breite Straßen, umhereilende Menschen und natürlich jede Menge Shopping Malls, u.a. die Greenbelt Mall, welche eine der schönsten Einkaufszentren der Welt sein soll. Und ich habe ein super schönes, Hipster-Café gefunden, in dem es erstmal einen ordentlichen Latte Macchiatto gab und ich mich ein wenig in das Land einlesen konnte. Muss ja irgendwie und irgendwann auch weitergehen. Da hier nämlich gerade Regenzeit ist komm ich um etwas Planung nicht herum. Für morgen habe ich mich für eine Fahrradtour auf einem Bambusfahrrad angemeldet, durch die Altstadt von Manila. Bin gespannt wie ein Flitzebogen, ob der gute Eindruck der Stadt anhält.

Kleiner Dämpfer zum Morgen – im Hostel kann mir keiner bei der Planung und Buchung von Touren oder Bussen helfen :-(. Das ist dahingehend ein Problem weil ich immer noch nicht sicher bin wohin es am Besten als nächstes hingehen soll und den Bus soll ich direkt am jeweiligen Busbahnhof buchen, was an und für sich ok ist, bei der schieren Größe der Stadt und dem mehr oder weniger nicht vorhandenen, „strukturierten“ Verkehrsnetz eine echte Herausforderung ist. Schon allein um in die Altstadt zu kommen, muss ich 3x umsteigen und schaffe das nur mit der Hilfe eines Einheimischen, da die Info vom Hostel IMG_5985wohl fehlerhaft ist. Gibt natürlich Punktabzug bei der Bewertung ;-). 3x umsteigen heißt auch 3 unterschiedliche Fortbewegungsmittel. Nr. 1 ist ein Jeepney – das sind „aufgemotzte“ alte Jeeps, die die Amis nach dem 2. Weltkrieg vor Ort gelassen haben. Aufgemotzt bedeutet, dass der Wagen verlängert wurde, so dass jetzt ca. 20 Personen reinpassen, sieht ein bisschen aus wie ein kleiner Viehtransport, und sie sind super bunt gestaltet und haben meist einen religiösen Leitspruch aufgemalt. Die Filippinos sind im übrigen zu fast 90% katholisch. Was sie allerdings nicht von Korruption, Kriminalität, Drogen, Alkohol und Prostitution abhält. Dazu später mehr. Das 2. Verkehrsmittel war ein in die Jahre gekommener Reisebus, also ein großer, nicht so ein kleiner Gelenkbus wie bei uns zu Hause, und dann ging es endlich in die „Metro“. Bis zur Altstadt waren es dann nochmal 10-15 Minuten zu Fuß. Gefühlt zu den letzten Monaten eine kleine Weltreise. So schlimm war es noch nicht mal in Mumbai. Auf dem Weg hat sich mir dann allerdings schon das ganze Elend der Stadt offenbart. Mein Gott, seit einer ewgi langen Zeit habe ich wieder richtige Armut auf offener Straße gesehen. Bettler, nackte Kinder, Müllhalden, Blechhütten – inmitten von McDonalds, Dunkin Donuts, KFC und Co. Die Häuser in den Straßen waren abwechselnd irgendwie bewohnbar oder in sich zusammengefallen. Auf den Schutttrümmern suchten Erwachsene wie Kinder nach Verwertbarem. Nichts in diesem Teil der Stadt wirkte auch nur irgendwie modern oder instandgesetzt. Alles ist dem Verfall überlassen. Natürlich setzte dann auch noch ein heftiger Regenguss ein und in wenigen Minuten waren die Straßen überflutet und die Menschen mittendrin. Der Fluß der durch Manila fließt kann eigentlich gar nicht mehr so genannt werden. Er stinkt und aussieht wie eine Kloake. An den Flussarmen leben die Menschen in Holzhütten. Und ich bin immer noch mitten in der Stadt, das ist kein Ausflug in einen der unzähligen Slums – aber teilweise kam ich mir so vor. Es war wirklich krass.

Aufgrund des Regens fiel die Fahrradtour buchstäblich ins Wasser. Man war ich enttäuscht – Regen ist doof! Da kann man nix machen und einfach mal so wieder ins Hostel fahren oder ins Kino war auf Grund der oben beschriebenen Verkehrslage auch nicht so einfach. Ich bin dann mit dem Inhaber des Fahrradladens ins Gespräch gekommen und hatte nach ner knappen Stunde immerhin eine Reiseroute für die nächsten Wochen. Obwohl auch er sagte, check das Wetter immer vorher, es ist halt Regenzeit. Manno, aber es kann doch nicht auf allen 7.100 Inseln regnen?!

Nachdem der Regen fürs erste aufgehört hatte bin ich noch ein wenig durch die Straßen gelaufen, habe ein super interessantes Buch-/Kunstprojekt entdeckt und mich dann auf den Weg nach Chinatown gemacht. Gehört ja irgendwie auch dazu und darf in keiner asiatischen Großstadt fehlen. Allerdings, wie auch schon in Ho Chi Minh-Stadt, sind die Chinatowns auch nicht mehr das was sie mal waren – hätte ich nicht gewusst, dass ich in Chinatown bin und wäre ich nicht durch die obligatorischen Tore gelaufen, es wäre mir nicht aufgefallen. Trotzdem wird mir der Besuch hier wohl für eine lange Zeit im Gedächtnis bleiben, denn mir hat jemand versucht meine Kette vom Hals zu reißen. Mitten auf der Straße. Plötzlich greift mir jemand von hinten an den Hals und in dem Moment dachte ich, ich wäre zu Hause und mich würde ein Bekannter an der Schulter packen um Hallo zu sagen. Es zerrte dann kurz an meinem Hals und als ich mich umdrehte seh ich aus den Augenwinkeln wie so eine halbe Filippinoportion sich wegdreht und schnellen Schrittes über die Straße bewegt, das erstbeste Motorradtaxi anhält, drauf steigt und losfährt. Ich war so perplex. Ich hab meine Kette festgehalten, hätte sie mir am liebsten direkt auf der Straße abgemacht, aber vermutlich hätte sie mir dann jemand aus der Hand gerissen. Nur ein einziger Mann auf einem Motorrad hat angehalten und …hmm, was eigentlich, gewarnt, geholfen?! Ich weiß es gar nicht genau. Er meinte nur dass wohl noch ein weiterer mich im Visier gehabt hätte. Gott sei dank hatte ich ein paar Minuten vorher meine Kamera und das Handy in den Rucksack gepackt, so dass ich nichts in den Händen hatte. Ich war so wütend. Wer mich kennt, weiß ja dass ich eher aufgebracht reagiere, als mich zu verstecken. Ich hätte dieser Wurst am liebsten die Hand und noch viel mehr abgehackt. Ausser ein paar Drohgebärden hatte ich allerdings nicht viel was ich ihm hinterhergestikulieren konnte. Und das Aberwitzige, an jeder Ecke, vor jedem Geschäft steht bewaffnete Miliz…mit Klein- und Großkalibern und wenn man sie mal braucht ist keiner zur Stelle oder sieht weg, was wahrscheinlicher ist. Ich bin dann in die nächste Shoppingmall, hab die Kette abgelegt und verstaut und durchgeatmet. Erst dann kam so langsam die Erkenntnis was da gerade passiert war. Mein Herz pochte, mir war flau im Magen und ich fühlte mich auf der Straße nicht mehr sicher. Mehrmals drehte ich mich um und vermutete hinter jedem Gesicht einen Dieb und Kleinkriminellen. Oh man, so viel also zum ersten guten Eindruck von Manila. Während ich in Ho Chi Min Stadt von meinem Hotel mehrmals gewarnt wurde, das Handy nicht in der Hand zu halten, die Kette zu verstecken, hat mich mein Hotel hier in Manila sogar noch auf die Idee gebracht nach Chinatown zu wackeln. Jetzt wollte ich nur noch nach Hause. Und dann kam der Megastau – ich saß im Bus, froh überhaupt den Richtigen erwischt zuhaben, Handy nur noch 2% Akku und für gefühlte 500m haben wir 30 Minuten gebraucht. Auch das ist Manila, eine absolute Verkehrsapokalypse. Ich habe keine, wirklich keine Ahnung wie das jemals geregelt werden soll. Es leben über 10 Mio Menschen in Manila und Großraum, das ist jetzt nicht die Welt. Da gibt es ganz andere Städte, aber so einen nicht funktionierenden Verkehr habe ich noch nirgendwo erlebt. Sollte ich im dunkeln aus dem Bus raus und die Strecke laufen, 50 Minuten zu Fuß laut Google? Da es eigentlich immer nur gerade aus und es eine große belebte und beleuchtete Straße war bin ich kurzerhand los und im Stechschritt zurück ins Hostel. Bin da gut angekommen und wollte nur noch ins Bett. Der Tag war nicht so gut – und er war auch noch nicht zu Ende. Das Internet ist hier ein Drama. Ständig fällt das  Netz aus und so versuchte ich mir am Abend noch einen Flug auf die Insel Bohol zu buchen. Nur die Bestätigungsmail kam und kam nicht. Auch am nächsten morgen keine Bestätigung im Posteingang. Selbst über die Social Media Kanäle keine Antwort. Dann eben über die konservative Methode, im Call Center anrufen. Dort bestätigte man mir die Buchung – ui, dann jetzt aber schnell Sachen zusammenpacken, frühstücken und ab zum Flughafen. Während ich so auf meinen Flug wartete wurde im Fernsehen die Amtseinführung des neuen Präsidenten Duterte übertragen. Er will gegen die Korruption, Kriminalität und Armut im Land vorgehen. Na dann mal viel Glück mann, ich weiß nicht wo er da anfangen will!

2 Stunden später lande ich in Bohol – und es fängt an zu regnen.

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