Wir erreichen den 3. größten Nationalpark der USA, den Everglades-Nationalpark, nach einer langen und ereignislosen Fahrt. Es ist schon erstaunlich, aber grundsätzlich benötigen wir 1-2h länger, als es uns Google oder das Navi anzeigen – auch ohne Mittagspause in einem runtergerockten Diner.
Kurz vor unserem Ziel entscheide ich spontan, dass wir die Gelegenheit nutzen sollten und uns auf einer 2-stündigen Fahrt mit der „Bimmelbahn“, und fachkundigen Rangern, einen ersten Eindruck über die Everglades machen sollten. Zudem ist es später Nachmittag; die Hitze des Tages hat nachgelassen und das Licht für Fotos ,vor allem in der ersten Stunde, ist hervorrragend.
Vielleicht wird ja doch nochmal ein Vogelkundler aus mir? 😉
Bereits kurz nachdem wir Richtung Parkeingang abgebogen sind erschrecke ich meine Reisebegleitung mit einem postpubertären Kreischalarm „…da… hast du gesehen, da lag ein dicker fetter Alligator…ah..und da…. noch einer…man sind die nah.“ Obwohl ich durch meinen Trip in den bolivianischen Dschungel doch schon einiges an Tierleben gewöhnt war, vor allem auch Alligatoren. Auch dort hatte ich diese furchteinflößenden Tiere in unmittelbarer Nähe erlebt. Für mich ist es immer wieder ein beeindruckendes Erlebnis, solche wilden Tiere so nah erleben zu dürfen…und natürlich habe ich einen Heidenrespekt vor ihnen.
Mit der Bimmelbahn durchs Shark Valley
Der Trip mit der Bimmelbahn, so lahm und unaufregend es sich auch anhört, war absolut beeindruckend. Ein toller Einstieg in die Everglades und einfach nur empfehlenswert. Auch was das Preis-Leistungsverhältnis angeht. 20$/ Person für 3 Stunden.
Schon zu Beginn an zeigten sich uns viele verschiedene Vogelarten. Und glaubt mir, ich habe eigentlich nicht viel übrig für die gefiederten Wesen der Lüfte, aber es war schlichtweg beeindruckend und einfach nur schön. Ich hatte das Gefühl, dass die Menschen, ob nun zu Fuß, auf dem Rad oder eben in der Bimmelbahn, von den Tieren nicht als Störung empfunden wurden. Neben den ca. 60 Alligatoren, an denen wir vorbeigebummelt sind, konnte ich noch ein paar andere schöne Tiermotive einfangen. Meine Highlights auf diesem Trip: der Reiher der gerade den Fisch verspeist und das Alligatorenpärchen, welches sich zu einem romantischen Stell Dich Ein zum Sonnenuntergang verabredet hat!
Die Ranger waren fantastisch. Sie haben unheimlich viel interessantes über die Tierwelt und den Lebensraum „Everglades“ berichtet. Das Bild, welches Sie von den amerikanischen Alligatoren und Krokodilen (wenn ich mich richtig erinnere, sind Letztere diejenigen, die sowohl im Salz- als auch im Süsswasser leben) gezeichnet haben, ist ein ganz anderes, positiveres, als ich es bisher hatte.
Kurzum, die amerikanischen Artgenossen sind im Gegensatz zu ihren asiatischen und australischen Kollegen keineswegs aggressiv sondern eher harmlos. Der Park wurde 1947 eingeweiht und bisher gab es nur einen Übergriff, der jedoch durch Menschen verschuldet wurde.
Als i-Tüpfelchen kommen wir noch in den Genuß, die Stimmung der Tierwelt bei Sonnenuntergang mitzuerleben.
Everglades City – Plastic fantastic und weitere ökologische Katastrophen
Nach diesem mehr als gelungenen Auftakt brauchten wir immer noch über eine Stunde, um unser Ziel, Port of the Islands, Everglades, eine Ferienanlage mitten im Nirgendwo, im Dunkeln zu erreichen. Die Stimmung war leicht gereizt….die Fütterungszeit der zweibeinigen Raubkatzen schon um einiges überschritten.
Das Appartement war groß, aber ohne Charakter. Bzw. mit dem Charakter der 60ziger Jahre – also im Vergleich zu unserer Residenz in Key West ein ziemlicher Abstieg. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Bereits am nächsten Morgen zeigte sich das wahre Übel – das Frühstücksbuffett. Es ist, für mich in den heutigen Zeiten unbegreiflich, leider durchaus üblich, dass Hotels und Restaurants Speisen und Getränke in Plastikgeschirr und mit Plastikbesteck anbieten.
Am Buffett konnte man sich also seinen Kaffee im Papp- und O-Saft im Plastikbecher ziehen. Bagels, Muffins und Toast waren reichlich da und bildeten zusammen mit den handelsüblichen Kleinstplastikverpackungen aus Philadelphia Käse, Erdnuss-Butter, Marmelädchen und Honig unser morgendliches Armageddon. Nicht zu vergessen die kleinen, doppelt verpackten Müslipackungen, die man wahlweise mit Milch oder kleinen Joghurts in Plastikbechern zu sich nehmen konnte. Und natürlich noch diverse weitere Kleinstplastikverpackungen mit Butter, Kaffeesahne, etc. Selbstverständlich wurde alles am Ende in einem Mülleimer entsorgt. Wer mich kennt weiß, dass ich kein Recycling-Nazi bin. Aber bei dem ganzen Plastikmüll blutete mein deutsches Recycling-Herz.
Ökodesaster an der Marina
Später am Abend, bei einem kleinen Spaziergang entlang der Marina, entdeckten wir dann noch etwas beunruhigenderes. Im Wasser trieben tausende Fischkadaver! Wir wurden aufgeklärt, dass die Fische, die da leblos trieben, eigentlich Süßwasser- (Aquariums-)fische sind, die nichts in diesen Gewässern zu suchen haben. Da hier Süß- auf Salzwasser trifft, verenden diese Fische. Dies ist wohl nur ein ökologisches Problem, mit dem sich die Menschen in den Everglades in Zukunft noch auseinander setzen werden müssen.
Lieber zu Fuß als mit Air Boats oder Swamp Buggies
Die nächsten zwei Tage nutzen wir zum entspannen am Pool und um den Nationalpark zu Fuß und vom Wasser aus zu erkunden. Nach einigem Überlegen haben wir uns gegen eine Tour mit den bekannten Air Boats und/ oder Swamp Buggies entschieden. Bei dem Lärm den die Boote machen und den Spuren, die die schweren Buggies im Sumpf hinterlassen, war mir und meinem ökologischen Herz nicht wohl zu Mute.
Angebote der Ranger vor Ort sind absolut zu empfehlen
Wir machen stattdessen zwei kurze Spaziergänge und eine Bootstour mit den Rangern raus auf die „1000 Islands“ – eine Inselgruppe die ebenfalls zum Nationalpark gehört. Die Inseln beheimaten das größte Mangrovenfeld in der westlichen Hemisphäre.
Erst vor kurzem hat das Land auf schreckliche Weise erfahren müssen, wie wichtig natürliche Schutzwälle sind. Hurrikan Irma fegte im September 2017 über Florida hinweg. Wären die Mangroven nicht gewesen, die Schäden wären noch um einiges größer ausgefallen. Heute, 6 Monate später, kann man an der einen oder anderen Stelle noch sehen, wie Irma gewütet hat.
Viele Touristenattraktionen haben erst vor kurzem wieder eröffnet. Vermutlich ist das auch ein Grund warum gefühlt, sehr wenige Touristen unterwegs sind. Was auffällt; wir sind fast immer die einzigen Deutschen. 90% Amerikaner, ab und zu hört man Spanisch, so gut wie nie eine europäische Sprache. Ich finde es ja toll wenn man sein eigenes Land bereist – ist ja auch eines meiner Ziele für 2018/ 2019.
Back to nature
Aber zurück zu den schönen Seiten. Auf unseren Ausflügen konnten wir wieder ziemlich beeindruckende Tieraufnahmen machen und endlich, endlich ist es mir gelungen Delfine in Aktion aufzunehmen. Auf unserer Tour raus auf den Golf von Mexiko sind uns tatsächlich zwei Pärchen begegnet und haben uns ein Stück begleitet. Delfine in freier Natur erleben zu dürfen ist für mich immer ein besonders bewegendes und friedvolles Erlebnis – etwas für die Seele. Aber seht selbst, was und wen wir alles beobachten konnten.
Key Lime Pie & Mimosas – Yummy!
Kulinarisch konnte ich hier endlich die berühmte Key Lime Pie probieren, ein zitroniger Cheesecake. Was es mir aber besonders angetan hat – Mimosas, Champagner mit O-Saft. Klingt besser als es sich liest. Schmeckt vor allem sehr gut nach einem langen heißen Tag in der Natur oder am Strand. Idealerweise mit Blick aufs Meer oder wie in diesem Fall auf die Everglades. Next stop unseres kleinen Roadtrips ist Sanibel Island.
PS: „Hasch’s Kärtle“ ist schwäbisch für „Hast Du die Zimmerkarte?“ 🙂 Ab und zu verfällt meine Reisebegleitung noch in ihre eigene luschtige schwäbische Mundart – und dann wird so ein Spruch ganz schnell ein ständiger Reisebegleiter.
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