Wow, die ereignisreichste Woche der bisherigen Reise liegt wohl hinter mit 🙂 Und entsprechend ist der letzte Blogartikel auch schon ein paar Tage her.
Wo bin ich denn jetzt genau?
Im frühlingshaften Da Lat – das muss ich so betonen, da mir hier wirklich etwas fröstelig ist und ich seit Tagen schon in langen Hosen herumlaufe. Obwohl es immerhin 2o Grad sind. Diese frische Temperaturen bin ich nicht mehr gewöhnt ;-).
Motorradtour durch Vietnam
Obwohl Hoi An ganz bezaubernd ist und viele hier längere Zeit verweilen, war ich gar nicht traurig, als ich an einem sonnigen Dienstag Morgen um 8 Uhr von Than, meinem Easy Rider, abgeholt wurde.
Mit dem Motorrad durch Vietnam düsen, ist für mich die beste Arte und Weise Land und Leute kennenzulernen.
Strecke: Hoi An – Da Lat, 5 Tage, 880km
Tag 1, 140 km, Hoi An – Khâm Dúc (Goldminenstadt) via Ho Chi Minh -Highway
Wie immer war ich nicht wirklich gut vorbereitet und hatte keine Ahnung was ich auf der Strecke sehen wollte. Ich wusste nur, dass ich weder auf Elefanten reiten, noch durch Waisenhäuser geschleppt werden wollte.
Ich wollte das Land sehen, soviel wie möglich vom alltäglichen Leben und natürlich gut und lecker essen. Und Than hat sich wahnsinnig schnell und bestens auf meine Wünsche und Vorstellungen eingestellt. Ein wahrer Glücksgriff!
So fuhren wir auf vielen kleinen Straßen durch die Dörfer, überquerten auf einer winzigen Fähre einen Fluß, machten den ersten von unzähligen Coffeestops in der Hängematte unter Bambusbäumen und ich erhielt meine erste Lehrstunde in Religion. In den nächsten Tagen sollte Than mir noch so viel mehr erklären, zeigen und beibringen.
Hier sind die Dinge die ich heute gelernt habe:
- eine kurze und sehr simple Einführung in Taoismus, Thans Religion
- „Lebe das Leben im Hier und Jetzt, denn Du hast nur dieses eine Leben“, im Gegensatz zum Buddhismus, wo der Mensch wiedergeboren wird und im Leben danach strebt besser zu werden/ zu sein für das nächste Leben
- 5 Elemente: Wasser, Feuer, Erde, Metall und Holz
- 4 Tiere: Drache, Phönix, Einhorn, Schildkröte
- jede Familie baut Ihren eigenen Tempel (wenn es der Platz zulässt) und ehrt dadurch seine Vorfahren und Geister
- mit den Räucherstäbchen in den Tempeln und Pagoden werden die Ahnen und Geister gerufen
- „One more friend, is one less enemy“ – Lebensweisheit von Thans Dad
- Fahrt auf dem Ho Chi Minh Highway – verbindet den Norden mit dem Süden und war während des Vietnamkrieges die Versorgungsroute sowohl für den Norden als auch den Süden
Tag 2, 170 km, Khâm Dúc – Kon Tum via Indochine Crossing
Nachdem mich der erste Tag total geschlaucht hat, vor 8 Uhr aufstehen ist einfach nichts für mich, sind wir es heute etwas gemütlicher angegangen, sprich erst gegen halb 10 losgefahren.
Das Wetter ist grandios – die Sonne brennt und Than bringt mir ein neues Wort bei „BunsBarbecue„, was heißt, sich den Hintern auf den aufgeheizten Sitzbänken verbrennen ;-). Zum Mittag gibt es Broiler, leider nicht mit Pommes Rot/ weiß, dafür mit einer riesigen Portion gebratenem Reis.
Die Strecke führt uns an die berühmte Indochina Kreuzung – von hier geht es südlich weiter in Vietnam, westlich nach Kambodscha und nördlich nach Laos. Das Hotel ist ein Traum, ein wenig ausserhalb der Stadt. Deswegen geht es am Abend nochmal mit dem Bike und leichtem Gepäck in die Stadt.
Frauenrolle in Vietnam
Nach dem Abendessen muss ich Billiard spielen – und verliere natürlich haus hoch. In der Billiardhalle befinden sich nur Männer und auch in vielen Cafés sehe ich oft nur Männer sitzen. Dabei ist die Rolle der Frau in Vietnam nicht zu unterschätzen. Bis in die 50iger/ 60iger Jahre wurden Ehen noch arrangiert und Frauen hatten wenig Wert in der Gesellschaft. Das hat sich mittlerweile geändert und mit einem Schmunzeln im Gesicht erklärt mir Than, dass Frauen mittlerweile vor allem in den Familien das Sagen hätten, zumindest bei seinen Eltern sei das so. Frauen sehen wir oft auf den Feldern, auf Baustellen, in den Cafés arbeiten – unumwunden gibt Than zu, dass Frauen mehr und härter arbeiten als die vietnamesischen Männer.
Tag 3, 240km, Kon Tum – Buon Me Thuot
Heute ist ein sogenannter Heiztag, d.h. wir machen Strecke, Strecke...und das merken wir beide ziemlich schnell. Das Sitzen fällt immer schwerer und die Pausen, um den plattgedrückten Hintern zu entspannen, fallen häufiger und länger aus.
Für einen Biker ist die Fahrt ziemlich anstrengend und unaufregend. Es geht mehr oder weniger nur geradeaus, durch plattes Land. Für mich als Touri ist es natürlich spannender. Ich sehe viel vom täglichen Leben, wir cruisen durch die Central Highlands mit ihren unzähligen Obstplantagen. Und heute lerne ich Stadtkind mal wieder was fürs Leben ;-):
- Mangos wachsen am Baum und sind in der Regel nur halb so groß wie im Supermarkt
- Passionsfrüchte wachsen an Ranken, ähnlich wie Bohnen
- Cashew Nüsse und Avocados sind ebenfalls Baumfrüchte (!!!)
- Vietnam ist der zweitgrößte Kaffe-Produzent
- Avocado
- Kaffee
- Mango
- Cashew Nuss
- Kaktus
- Passionsfrucht
Public Viewing mitten im Nirgendwo in Vietnam
Abends gab’s noch Public Viewing – hätte ja nicht gedacht, dass die Vietnamesen die EM schauen, aber überall hängen die Spielpläne aus und trotz der 5h Zeitverschiebung werden auch die 2 Uhr-Spiele gezeigt und vor allem geschaut. Heut war das Deutschland vs. Polen Spiel, um 2 Uhr früh – ich habs verpennt 🙁
Tag 4, 130 km Buon Me Thuot – Lak Lake
Than ist müde – im Gegensatz zu mir hat er sich durch das ereignislose Deutschlandspiel gekämpft und ist deswegen mal nicht schon ne Stunde vor mir mit frühstücken fertig.
Da wir heute nicht so viel zu fahren haben, verspricht er mir einen ersten Badestopp an einem Wasserfall. Oh, und er hat nicht zu viel versprochen – eine kleine Oase, nur für mich. Than bleibt oben, um auf die Sachen und vor allem das Bike aufzupassen.
Ungefähr eine Stunde kann ich planschen und mich von der Sonne verwöhnen lassen, bis 3 Jugendliche vorbeikommen und ebenfalls das kühle Nass genießen und für ein paar romantische Selfies am Pool posieren. Gott sei Dank habe ich meine Selfies schon vorher gemacht ;-). Später erfahre ich, dass Than die drei runtergeschickt hat, um nach mir zu schauen ;-).
Die Route ist wunderschön, überhaupt wird das Land Richtung Süden immer schöner. Bisher dachte ich, ok, ist nett, jetzt nicht soo besonders. Aber jetzt verschlägt es einem nach der ein oder anderen Kurve schon die Sprache.
Da die Strecke auch immer kurviger wird, hat Than auch besonders Spaß an der Route. Hatte ich früher, also so vor 15 Jahren, mich ebenfalls an den engen Kurven erfreut, geht mir heute doch ganz schön die Muffe und ich habe Angst um meine Knochen.
Je weiter südlich wir kommen, um so bergiger wird es und der immer dunkler werdende Himmel verleiht der Landschaft eine unglaublich düstere, aber beeindruckende Färbung. Wir haben Glück und sind dem Regen immer ein gutes Stück voraus.
Tag 5, 160 km Lak Lake – Da Lat
Der letzte Tag – oh, ich bin wehmütig. Aber noch liegen 160km und einige Stopps vor uns. Während den letzten Tagen konnte ich quasi hautnah miterleben, was so auf vietnamesischen Straßen transportiert wird und vor allem wie.
Hauptverkehrsmittel ist natürlich der Scooter. Was man alles so auf einem Scooter transportieren kann:
- mind. eine 4-köpfige Familie
- mind. ein lebendes Schwein oder/ und viele lebende Hühner und Gänse
- ca. 50 gefüllte Plastikbeutel mit Goldfischen
- zusätzlich zu der Familie noch ein Fahrrad
- mind. eine Matratze
- Fensterglasscheiben und Spiegel
- Kreissäge, Leitern, diverse landwirtschaftliche Geräte
- diverse Säcke mit Lebensmitteln
- …. und noch vieles mehr
Ein Motorrad im Bus verstaut
Than erzählte mir, dass er nach Hoi An nicht mit dem Motorrad gefahren ist, sondern mit dem Nachtbus. Erst später viel mir ein zu fragen, wo er denn sein Bike gelassen hätte????
Ganz natürlich antwortete er, dass es mit dem Bus transportiert wurde(!!!!) – unten im Gepäckfach. Ich konnte es ja nicht glauben, aber während unserer Tour habe ich tatsächlich gesehen, wie ein Motorrad auf dem Dach eines Minibus transportiert wurde. Unglaublich!!!
Weitere Stopps auf der Strecke waren:
- Elephant Waterfall
- Seidenfabrik
- Wiesel-Kaffee-Farm, das ist der super teure Kaffee, der erstmal von den Tieren verdaut wird und dann weiterverarbeitet…schmeckt auch nicht wirklich anders 😉
Es ist schon komisch wie schnell sich der Mensch an Gesellschaft gewöhnt. Than brachte mich noch zu meinem Hostel in Da Lat, hier tauschten wir Nummern aus und verabschiedeten uns fürs Erste. Es war ein großartiger Ausflug und ich bin sehr dankbar dass Than mich heil und sicher nach Da Lat gebracht hat.
Hier gehts zur Website der Vietnam Motorbike Tours, falls einer von Euch mal einen guten Biker in Vietnam braucht ;-).
Neuer Ort – neue Bekannte – weiter gehts
Im Hostel hatte ich nur wenige Minuten Ruhe, dann stürzte Laura aus Österreich in unser Zimmer – was für ein Energiebündel. Gemeinsam mit Coen, einem ganz putzigen und sehr jungen Holländer auf seiner ersten Backpackertour, erkundeten wir die Gegend….obwohl ich doch eigentlich erstmal mind. einen Tag Pause einlegen wollte. Aber mit den Beiden unterwegs zu sein war so ein Spaß, dass wollte und konnte ich mir nicht entgehen lassen.
Sehenswürdigkeiten in und um Da Lat
Also ging es mit dem Scooter (natürlich!) durch Da Lat und Umgebung.
Wir besuchten das Crazy House, eine Art Hundertwasser-Haus, und die Linh Phuc Pagoda, auch bekannt als Dragon Pagoda. Die Pagoda besteht komplett aus Mosaiken, aus recyceltem Material, wie z.B. zerbrochenen Bierflaschen, Vasen und Geschirr. Eine bunte Sehenswürdigkeit, die auch von den Einheimischen geliebt wird.
Auf der Suche nach einem schönen Aussichtspunkt für den nahenden Sonnenuntergang sind wir am Valley of Love vorbeigefahren. Auf Grund des angenehmen Klimas und der herrlichen Landschaft kommen viele Vietnamesen zum Heiraten oder für ihren Honeymoon hierher.
Da Lat wird auch „Little Paris“ genannt, da hier ein kleiner Eifelturm steht und das Moulin rouge nachgebaut wurde. Für mich ist es eher „Little Holland“, denn die Hügel und Täler der Umgebung sind dicht bebaut mit Gewächshäusern, in denen Blumen, Gemüse und Früchte aller Art heranwachsen.
Aktivitäten in Da Lat – Canyoning
Die Berge bieten viele Möglichkeiten zum Wandern und die Wasserfälle zum Canyoning… ein bißchen Aktivität wollte ich mir in Da Lat gönnen und zusammen mit Coen und Laura buchten wir für den nächsten Tag eine Canyoning- Tour bei Groovy Gecko Tours die das Motto haben „Don’t be lazy, go Crazy!“ :-).
Einmal Abseilen am Wasserfall bitte :-0
Bis dahin hatte ich noch geglaubt dass es hier um sowas wie Boot fahren für Abenteurer geht, ähnlich Wildwasser Rafting. Als ich dann allerdings die Bilder gesehen habe ist mir doch etwas anders geworden – ich hatte mich für eine Tour angemeldet in der es darum ging sich von Wasserfällen abzuseilen – also direkt am Wasserfall herunter…oh gottogottogott.
Während die Anderen immer aufgeregter vor Vorfreude wurden, wurde ich immer stiller vor … hmmm Angst? Respekt? Ehrfurcht?
Canyoning an den Dasar Wasserfällen
Wir waren insgesamt zu neunt und nach einer wilden Jeeptour durch den Dschungel standen wir am Anfang der Dasar Wasserfälle. Nach einer kurzen Trockeneinführung musste ich auch schon ran. Gott ging mir die Muffe.
Dennoch habe ich den ersten kleinen Wasserfall überstanden und musste auch schon direkt zum nächsten. Insgesamt haben wir uns von 3 Wasserfällen und einem Felsen abgeseilt, 2x Wasserrutsche, davon einmal Kopfüber und ein Sprung aus 6 (!)m Höhe in einen Wasserpool. Boah, ich sag Euch, was für ein Tag.
Die letzte Abseilaktion war dann auch noch vom höchsten, 65m (!), Wasserfall und ich wollte es einfach nur noch hinter mich bringen. Bin dann auch 2x hängengeblieben, konnte mich aber immer aus eigener Kraft wieder in die richtige Position bringen und den Abstieg fortsetzen.
Beim Sprung aus 6m Höhe hätte ich dann aber doch fast gekniffen. Ich spring ja nicht mal vom 3m Brett! Aber Dank Gruppenzwang habe ich mich doch mit einem ohrenbetäubenden Angstschrei fallen lassen. Und mich gewundert wie lange es dauert bis man endlich unten ankommt. Wirklich, das geht gar nicht so schnell wie gedacht bzw. gehofft.
Ein absolut gelungener Tag und mit Sicherheit eine der aufregendsten Aktionen bisher.
Kleiner Nachtrag: ich glaub ich hab ne Steißbeinprellung von den zwei Sprüngen ;-(
Wiedersehen mit Than
Danach wollte ich nur noch unter die heiße Dusche, lecker Abendessen und ab ins (leider viel zu harte) Bett. Aber daraus wurde nichts. Than hatte mich gefragt ob wir uns treffen wollten und ich wollte auf jeden Fall. Also schnell unter die Dusche, nen Kaffee zum Wecken der verbliebenen Lebensgeister und wieder aufs Motorrad – bei strömenden Regen und schmerzenden Hintern.
Aber Than hatte Mitleid mit mir und so ging es nicht ewig durch die Stadt, sondern wir verbrachten einen super netten und gemütlichen Abend beim Barbecue. Und wieder hat sich gezeigt was für ein Glücksgriff dieser Mensch für mich war. Ihn wieder zu sehen war schon fast wie Familie und als ich ihm erzählte, dass ich noch einen Bus für die Weiterfahrt brauchte hat er mir fix einen gebucht, obwohl er heut morgen schon wieder on Tour ist. Oh Gott, ich bin sowas von entzückt von den Vietnamesen!!!
Die aktuellen Fotos findet wie ihr wie immer am Ende des Links.
4 Comments
Hach ja, Vietnam! Tolles Land. Und dank Deines lebendigen Berichts sah ich mich grad auch wieder auf dem Bike sitzen und durch die Central Highlands düsen.
Ich bin mit dir total von deiner Tour begeistert. Jetzt will ich auch dorthin. Du solltest mit dem Schreiben Geld machen. Bessere Werbung für das Land kann es nicht geben. 🙂
Aber immer schön auf dich aufpassen du Adrenalin Junkie 😉
Fühle dich ganz feste gedrückt
Liebe Janine,
deine Bilder sind wunderschön! Du hast sehr toll geshrieben. Würdest Du in den nächsten Tage Mekong-Delta besuchen? Ich freue mich sehr auf die kommenden Bilder und deinen Bericht. 🙂 Liebe Grüße, Hang
Lieber Hang, vielen Dank für deinen Kommentar ? ich verbringe die letzten Tage in Ho Chi Minh, habe leider nicht mehr so viel Zeit. Liebe Grüße aus Mui Ne
Ps: sehr schöne Idee, dein Blog und richtig tolle Food Bilder