Abschied nehmen wird auch nie einfacher
Dieses Mal habe ich ganz schön lang gebraucht, um mich auf einen neuen Ort und neue Menschen einzulassen. Da ich nun schon fast 9 Monate mit meinen Sieben-Meilen-Stiefeln unterwegs bin und sich gerade im Moment eine klitze-winzig-kleine Reisemüdigkeit einschleicht wäre ich gern noch viel länger auf Galapagos und in Gesellschaft meiner letzten wunderbaren Reisekollegen geblieben.
Abschiede sind doof – und bei mir bleibt jedesmal eine Leere und Einsamkeit zurück, die mal kürzer, mal aber auch länger anhält. Diesmal 3 Tage!!!
Vilcabamba – Yoga, Natur und Entspannung
So eine lange Akklimatisierungsphase hatte ich, gefühlt, noch nie. Und dabei erwartete mich doch das Paradies – so hat es Betti jedenfalls beschrieben. Yoga, Entspannung, wunderschöne Aussichten, (gut ausgeschilderte) Wanderwege für jedes Niveau, großartiges (deutsches) Essen und tolle Gesellschaft – das alles sollte ich in Vilcabamba vorfinden. Also nahm ich, mit so viel Vorfreude wie eben möglich war, die lange Anfahrt von Galapagos in den Süden Ecuadors auf mich.
Die letzten Stunden der langen Fahrt, am frühen Morgen des nächsten Tages, offenbarten eine wunderschöne Berglandschaft in verschiedenen satten Grüntönen. Die Sonne kämpfte sich langsam durch die Wolkendecke als ich in Vilcabamba ankam.
Noch leicht erschöpft durch die Nachtfahrt machte ich mich in FlipFlops und beladen mit meinem kompletten Hab und Gut auf die Suche nach einem Taxi und landete erstmal buchstäblich auf der Nase. Sch…Stein, AUA! Gott sei Dank hatte niemand mein Missgeschick gesehen, so gab ich mich wenigstens nicht der Lächerlichkeit preis, musste aber auch auf Hilfe beim hochkommen verzichten. Wie Karl, der Käfer, kämpfte ich mich cm um cm hoch, richtete das Krönchen, schnäuzte ins Taschentuch und setzte meine Suche nach dem Paradies fort.
„You are now entering a stressfree Zone“
Bereits am Eingang verkündete ein großes Schild „You are now entering a stressfree Zone“ – prima, hier bin ich richtig! Ich war viel zu früh dran und hatte so den kolossalen Ausblick von der Terrasse ganz für mich allein. Morgenstund hat Gold im Mund und so wollte ich bei einer schönen, heissen Tasse Kaffee schnell meinen Blogartikel zu Galapagos finalisieren und online stellen.
Vorhof zur Hölle statt Paradies
Boah ey, war das Internet langsam. Ganz ruhig Janine, stressfreie Zone, entspann Dich und genieß den schönen Ausblick.
Boah ey, können die beiden alleinerziehenden Yuppi-Eltern bitte endlich mal dafür Sorgen, dass ihre verzogenen Gören ihr Mittag essen und nicht alle 5 sek zum hierbleiben, essen, nicht weggehen, ruhig sein, etc. ermahnt werden müssen. Und das auch noch auf spanisch, französisch und englisch (!!!!) – kein Wunder dass die nicht hören (können)…entspann Dich, sind ja Gott sei Dank nicht Deine.
Boah ey, was ist dass denn bitte für eine geschmacksneutrale Käsespätzlepampe…Zitat Bettina „Oh ja, die Käsespätzle sind das einzige was nicht so lecker ist auf der Karte, das hätte ich Dir noch sagen können.“
Aua, schon wieder den Zeh gestossen an diesen blöden Ökosteinen- so richtig stressfrei fühlte sich das alles nicht an und paradiesisch erst recht nicht, eher wie der Vorhof zur Hölle. Also beschließe ich den Tag nicht weiter herauszufordern und verbringe eben jenen in der Hängematte.
Yoga früh morgens? Echt jetzt?
Tag Zwei – um 6.30Uhr bin ich wach und hadere noch etwas mit mir, denn um 7.30 Uhr gibt es eine Yogasession. Ich könnte mich ja auch nochmal umdrehen und gemütlich weiterschlafen. Aber die motivierenden Whats App Nachrichten aus Panama, der Kommentar meiner Zimmernachbarin, dass es ein eher entspanntes Yoga sei, sowie mein schlechtes Gewissen treiben mich dann doch aus dem Bett.
Einen kurzen Spaziergang später, durch die noch ganz in herrlicher Morgenstille eingelullte Anlage, befinde ich mich im Yogashala, einem erhöhten, zu drei Seiten offenen Raum mit einem Ausblick der mir den Atem verschlägt. Diese nächste Stunde gehört ganz mir!
Die nächsten Tage sind eindeutig zu den fauleren Tagen zu rechnen – ein bißchen durch die Anlage schlendern, viel viel Zeit lesend in der Hängematte verbringen, zwei entspannende Sessions im Spa und leider viel zu viel Zeit vor dem Rechner-langsames Internet und so.
Die Umgebung lädt wirklich zum Wandern ein. Zu Schade, dass es ausgerechnet an dem Tag, an dem ich mich aufmachen will, es die ganze vorherige Nacht durchgeregnet hat. Mir wird eindringlich von einer Wandertour durch den Morast abgeraten. Na gut, dann eben Pool und Hängematte 🙂
Auf dem Weg nach Cuenca, immer entlang der Panamericana
Nach drei Nächten verlasse ich die „stressfreie“ Zone … und langsam kommt auch die Reiselust wieder. Um nach Cuenca zu kommen, fahre ich 5h Richtung Norden auf der Panamericana. WOW, WOW, WOW – was für ein berauschender Anblick.
Der Bus schraubt sich in die Höhe und wir passieren eine nicht endenwollende Berglandschaft in den schimmernsten Grüntönen. Kleine Farbtupfer in Form von Feldern, kleinen Dörfern und vereinzelten Bauernhöfen, unzähligen bunten Kirchen, Rindern, Schafen und Pferden komplettieren das perfekte Bild. Und plötzlich sind wir umhüllt von einer dicken Nebelwand und der Himmel öffnet seine Schleusen. Eine Stunde später scheint schon wieder die Sonne und hinter dem nächsten Berg erwartet mich schon Cuenca.
Jedes südamerikanische Land hat ja mind eine Stadt, die besonders malerisch, traditionell und architektonisch herausragend ist und im besten Fall von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. In Chile ist das Valparaiso, Bolivien hat Sucre, in Peru gibt es Cusco und hier, in Ecuador, ist das Cuenca.
Ich bin noch nicht ganz häuslich niedergelassen in meinem Bett, werde ich auch schon von meiner Zimmernachbarin in Beschlag genommen – die, wie sich nach der ersten Frage herausstellt, ebenfalls Deutsche ist. Oh man, für die letzten und kommenden Tage bekomme ich so wenige Karmapunkte, dass ich im nächsten Leben als Küchenschabe wieder geboren werde 🙁
Als die Kleine erfährt, dass ich ein Jahr mit dem Rucksack unterwegs bin schaut sie mich mit ihren großen braunen Augen an und fragt mich mit ihrer unschuldigen Stimme wie das denn geht…Oh nein, bitte nicht….kein unschuldiges Bambi, die verspeise ich doch schon zum Frühstück. Nun, bei anderen scheint das wiederum sehr gut anzukommen…am nächsten Abend fahren wir zu dritt zu einem Aussichtsturm.
Unser Hostelmanager hat angeboten, IHR den Aussichtspunkt nach seiner Schicht zu zeigen und ich habe mich als drittes Rad da einfach mit rangehängt. Ha, ha…obwohl mir der arme Kerl ja etwas leid tat, hatte er sich doch vermutlich einen etwas anderen Verlauf des Abends vorgestellt. Bei einem landestypischen Heißgetränk, ähnlich unserem Glühwein, wurde der Abend noch sehr amüsant und interessant. Zurück im Hostel habe ich mich dann nach einem Bier diskret von den Beiden verabschiedet.
Cajas Nationalpark – gut für 2-3 Tage
Nachdem ich mit Cuenca in einem Tag durch war, ging es am nächsten Tag zu einer Wanderung in den Cajas Nationalpark. Diesmal hatte sich Yvonne eingeladen mich zu begleiten und ich bete einfach nur um genug Toleranz und Geduld gegenüber einer 18-jährigen (!), um den Tag, ohne einen Mord zu begehen, durchzustehen.
Wir entscheiden uns für eine 3,5h stündige Zirkelwanderung, die uns auf den nicht wirklich hoch erscheinenden Gipfel des nahegelegen Berges führte und auf der anderen Seite wieder zurück zum Refugium. Mit der Sonne im Rücken machen wir uns auf den Weg … und wurden schon bald von einem recht steilen Pfad in unserem Tempo gezügelt. Wieder einmal ging es die nächsten Stunden nur bergauf…aber ich muss sagen, ich habe mit der Jugend mehr als nur gut Schritt gehalten. Wir kamen beide zur selben Zeit und fast genauso ausser Atem oben auf dem Gipfel an.
Leider zogen sich die Wolken um uns herum zunehmend zu und auf knapp 4.300m zieht es ordentlich, so dass wieder Mütze, Schal und Thermojacke zum Einsatz gekommen sind. Eine ganze Weile führte uns der Weg am Bergkamm entlang…wie krass, auf beiden Seiten ging es ziemlich steil und steinig bergab und irgendwann waren wir dann am Ende und jetzt ging es nur noch steil und steinig bergab. Nachdem ich vermutlich etwas zu laut meinte „Na wenigstens regnet es nicht, sonst wäre das hier eine ziemlich rutschige Angelegenheit!“ setzte dann auch prompt ein feiner und stetiger Nieselregen ein.
Der Abstieg war wirklich anstrengend und keine Freude…wir rutschten immer wieder aus und zwischendurch ging es nur noch auf allen Vieren und dem Hosenboden gen Boden. Die Wanderung war dennoch großartig – anstrengend, beeindruckend und wenn ich noch einen Tag in Cuenca gehabt hätte, wäre ich nochmal wiedergekommen für eine zweite Wanderung!
Kolumbianische Hausmannskost in Ecuador – kann das gut gehen?
Zurück in Cuenca freuen wir uns auf ein ordentliches Abendessen und haben uns das überall gerühmte Molienda Cafe herausgesucht, welches vor allem für seine kolumbianischen Gerichte bekannt ist. Eigentlich hätten da schon alle Alarmglocken schrillen müssen, hatte Bettina mir mehr als einmal von der doch recht eintönigen und faden kolumbianischen Küche berichtet. Natürlich hatte ich keine Ahnung was da auf der Karte stand – ok, auf Frijoles (Bohnen) und Bananen hatte ich keine Lust, ahhh Arrepa, ein gebackener Maisfladen, mit Rindfleisch und Guacamole, das klang doch nicht schlecht. Als ich die Kellnerin fragt, ob ich dazu noch Pommes bekommen könnte, ist ihr fast alles aus dem Gesicht gefallen.
Also, eigentlich ja nicht, das Gericht wäre sehr groß, wobei ihre Hände in etwa die Größe eines Mühlrades nachzeichneten und mit dem Maistortilla wären doch schon genug Kohlenhydrate dabei. Da wären doch die Pommes gar nicht mehr nötig….Ähm, Entschuldigung, WIE BITTE? Ich bin heute fast 4 Stunden einen Gipfel rauf und wieder runter geklettert, WENN HIER JEMAND EINE DOPPELTE PORTION KOHLENHYDRATE VERDIENT HAT, DANN ICH!!!!!!!!!!
Ich vermute, dass sie an meinem Gesicht mein absolutes Unverständnis über ihre Ausführungen ablesen konnte, denn schließlich ließ sie sich dazu herab mir eine medio/ halbe Portion Pommes zu zu gestehen. Als dann schließlich mein Essen vor mir stand hätte ich fast angefangen zu weinen….
- war der Teller gerade mal ein 3/4 von einem normalen deutschen Abendbrotteller, also RIESIG war die Portion nicht,
- der Arrepa schmeckte einfach mal nach GAR NICHTS, das waren wirklich nur Kohlenhydrate zum Sättigen, aber nix für den Geschmack, entsprechend kratzte ich dann auch die komplette Guacamole von dem Ding und ließ es demonstrativ auf dem Teller zurück…und
- ihre halbe Portion Pommes bestand aus ca. 10 (!), sehr wohlschmeckenden, Pommes Frites, die ich dann auch mit Heißhunger verschlang.
Nachdem ich mich so auf dieses Abendessen gefreut hatte, blieb ich nun völlig desillusioniert und in keinster Weise kulinarisch befriedigt zurück. Das konnte und wollte ich nicht hinnehmen, nicht nach den heutigen Anstrengungen…also ging es direkt in den Schawarma-Laden um die Ecke und dort verzehrte ich genüsslich meinen Falafel-Schawarma und ein Bier :-).
Kurzer Abstecher zur Nase des Teufels, Alausi
Um 5 Uhr am nächsten Morgen stehe ich auf…geschlafen habe ich seit 4 Uhr eigentlich nicht mehr, da das Dorm neben uns der Meinung ist, dass Schlafen um diese Uhrzeit völlig überbewertet ist. Heute will ich noch nach Baños, weiter Richtung Norden, aber zwischendurch mache ich einen Zwischenstopp in Alausi, um dort mit dem Zug ein kurzes Stück die berühmte Strecke „Nariz del Diablo“ zu befahren.
Mit einem traditionellen, touristisch aufgepeppten, Zug geht es die 12km mit einer Geschwindigkeit zwischen 20-25km/h und zum Teil manuell betriebenen Bremsen nach Simbambe. Das Besondere ist, dass der Zug die Höhe nur durch Zig-Zag-Fahren bewältigen kann. Die Zugfahrt ist schön und eine nette Abwechslung, aber leider eben doch nur für Touristen ausgelegt und kein MUSS für einen Ecuadorurlaub.
Tipps für Baños – Wandern, Himmelsschaukeln, Crossbiken
Nach diesem Kurzaufenthalt sitze ich wieder im Bus und weitere 4h später erreiche ich Baños, das Outdoor-und Heiße Quellen-Paradies. Da ich in Kürze für gut 3 Wochen nur noch faul am Strand herumliegen werde á la ein Galapagos-Seelöwe und vermutlich Cola-Rum mein Wasser sein wird, will ich mich die letzten Tage davor noch körperlich auspowern. Deshalb schreckt mich auch nicht die 4h Wanderung zum Casa del Arbol ab, auch wenn es wieder bergauf bedeutet.
Am Mirador de la Virgen machen ich den ersten Stopp und schaue mit einigem Respekt zu, wie sich drei Touristen (natürlich Jungs) wagemutig auf eine doch recht provisorisch aussehende Himmelsschaukel setzen und über einem steilen Abhang über Baños schweben. Eigentlich ist so eine Himmelsschaukel genau mein Ziel heute, aber auf diese hier…nein, das traue ich mich nicht.
Also geht es weiter, immer Berg hoch, sollen ja nur noch 30 Minuten sein…nach 1h bin ich immer noch unterwegs und ich hasse es. Ich hasse jeden Baum, ich hasse jedes Sandkorn, ich hasse jedes einzelne Blatt, aber i c h m u s s o b e n a n k o m m e n eine andere Wahl habe ich gar nicht mehr. Umdrehen? NIEMALS! Also kämpfe ich weiter…und weiter…und als ich denke, ich habe es endlich geschafft, sagt mir ein freundlicher Bauer, dass das Casa del Arbol noch weitere 30 Minuten bergauf liegt.
Egal, durchdrehen bringt mich jetzt nicht weiter…einfach weiterlaufen…zwischendurch wird der Weg sehr schmal, ist eigentlich nur noch ein Trampelpfad, vorbei an Gewächshäusern, Kühen, einem ordentlich unter Strom stehenden elektrischen Zaun, der ziemlich dicht an meinem Ohr entlang führt, eine kurze Strecke geht es entlang der Downhillroute für die Crossbiker. In letzter Sekunde kann ich mich auf die Seite retten, als einer an mir den Berg hinunter donnert und dann steh ich plötzlich auf einer befestigten Straße und muss noch weiter bergauf und dann….um die nächste Ecke, dann bin ich endlich an meinem Ziel, am Baumhaus, einem Spielplatz für Erwachsene.
Neben dem phantastischen Ausblick gibt es hier mehrere Himmelsschaukeln die ordentlich frequentiert werden. Es ist aber auch wirklich märchenhaft da drauf zu sitzen. Ich fühle mich wie Alice im Wunderland, genieße die Aussicht und das Gefühl von nichts unter meinen Füßen. Es ist herrlich und schon allein deswegen hat sich der Aufstiegskampf gelohnt.
Extra Tipp: Zip-Lining
Eine Outdooraktivität möchte ich unbedingt noch machen: Zip-Lining. Ich bin die Einzige im Parque Aventura und so können sich die drei Jungs komplett auf mich konzentrieren. 😉
Die erste Zip-Lining Strecke geht auf dem Bauchliegend quer über den Canyon, über den doch ganz schön schnell dahinfließenden Fluß…während ich da so in der Bauchmatte liege, wird mir doch etwas flau im Magen, aber als es dann los geht ist es eher wie ein netter entspannter Flug. Kurz vor Ende nehme ich dann doch ordentlich fahrt auf und die Felswand kommt bedrohlich schnell auf mich zu. Und Zack – werde ich mit einem heftigen Ruck zurückgeworfen und lande auf der vorgesehenen Empore.
Zur nächsten Station geht es über eine Brücke und über eine steile, in den Felsen angebrachte, Leiter…das Klettern macht echt Spaß. Davon könnte ich mir auch noch mehr geben. Die zweite Strecke geht im Prinzip wieder zurück auf die andere Seite, diesmal aber im Sitzen. Das fetzt ordentlich weil ich diesmal von Anfang an ziemlich viel Geschwindigkeit drauf habe. Schade, dass der Spaß nach einer Stunde vorbei ist.
Morgen geht es weiter in Richtung Quito, nochmal wandern, dann habe ich die 3 Wochen Karibikstrand aber wirklich verdient :-).
Und hier gehts zum aktuellen Ecuador Fotoalbum.
1 Comment
Schade, dass die stressfreie Zone für Dich nich ganz so paradiesisch war wie für mich. Hoffentlich wirste Dich nich nach Vilcabamba zurück sehnen, wenn Dir nach spätestens 1,5 Wochen das wirklich stressfreie Providencia zu paradiesisch (tranquilo) wird 😉