Allgemein, Balkan, Europa

Mazedonien in a nutshell – Skopje

9. Oktober 2018

Nun war ich also auf den Weg in den „Ostblock“. Während mir bei Albanien entweder „oh wie schön…“ oder „oh, warum das denn?“ entgegnet wurde, gab es zu den Mazedonien-Reiseplänen nie einen Kommentar.  Woran das wohl liegen mag? Finden wir es raus! Endlich heißt es wieder: Neugierig sein, Vorurteile auf den Prüfstand stellen und los gehts ins Abenteuer.

Anreise Mazedonien

Noch ist es nicht ganz einfach – halt,das stimmt nicht ganz. Es ist durchaus möglich für günstiges Geld nach Skopje zu fliegen. Wizz Air bietet Flüge an – allerdings sollte man hier immer bedenken, dass das nur mit Handgepäck ist und Wizz Air nicht die besten Bewertungen und Erfahrungsberichte hat.

Als wir gegen 13 Uhr in Skopje landen, empfängt uns strahlender Sonnenschein und 30°Grad im Schatten. Unser Hotel liegt sehr zentral, direkt am aktuell nach Googlemaps benannten Alexander of Macedon the greatest of Greek – Platz …und damit befinden uns direkt im aktuellen politischen Geschehen. Dazu aber später mehr.

Anfänglich waren uns 200€ ziemlich teuer, aber am Ende erschien uns der Preis fair: mit Austrian Airline über Wien in knapp 5h von Berlin nach Skopje und zurück.

Der Flughafen ist deutlich überschaubar und das Gepäck schnell wieder beim Besitzer. Es gibt einen zentralen Taxiservice, d.h. einheitliche Preise, inkl. Preistafel, um entweder nach Skopje zu fahren ca. 20€, oder direkt nach Ohrid oder wo auch immer man hin möchte.

Erste kulinarische Eindrücke

Nachdem wir um 4 bzw. 5 Uhr heute aufstehen mussten, steht uns jetzt erstmal der Sinn nach was ordentlichem zu Essen und eventuell einer kleinen Siesta. Im vom Hotel empfohlene Old City Restaurant stärken wir uns mit Schopska- und Mazedonischen-Salat, Ayjar, Brot, gefüllten und frittierten Paprikas und einem riesigen Burger-Patty gemischt mit Käse und Prosciutto. Dazu natürlich Bier, welches das deutsche Reinheitsgebot wohl nicht überleben würde, und einem abschließenden Rakija zum Magenaufräumen. Das Zeug schmeckt und kommt direkt aus der Hölle. 😉

Old Bazzar

Wir laufen Richtung Old Bazzar – und es ist merklich ruhig. Kann das schon die Nachsaison sein? Oder ist das der typische deutsche Montag ist Ruhetag-Blues?

Im Hotel Arka verschaffen wir uns auf der leider schon geschlossenen Rooftopbar dennoch einen guten Überblick über die verwinkelten Gassen und Einkaufsstraßen des größten Basars im Balkan, ausserhalb Istanbuls. Auch hier sind die Straßen geordnet nach den Gütern die man(n) oder Frau erwerben möchte. Hauptsächlich dominieren Schmuck- und Stoffgeschäfte das Straßenbild. Lang halten wir es bei dem Wind nicht draussen aus und überqueren den Vardar, vorbei an den beeindruckenden Gebäuden und Skulpturen mazedonischer Nationalhelden.

Free Walking Tour Skopje

Ich bin ja ein riesen Fan dieses Sightseeing-Formats. Nirgends bekommt man in  der relativen Kürze der Zeit soviel Insider-Informationen zu dem jeweiligen Land und sieht dabei noch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten.

Nach kurzer Recherche habe ich mich für Zoran und die Free Skopje Walkin Tour entschieden. Treffpunkt 10 Uhr, am bereits oben benannten Alexander Denkmal. Am Ende sind wir ca. 18 Reisende aus ALLEN Herren Ländern: Mexiko, Südkorea, England, Polen, Holland, aus Deutschland sind nur wir dabei. Es ist total schön zu sehen, wie gut der Balkan touristisch angenommen wird.

Zoran beginnt mit einem Abriss der historischen Geschichte Mazedoniens – die in wenigen Tagen auch schon wieder Geschichte sein könnte. Erst 1946 war es als offizieller südlicher Teil in die jugoslawische Staatengemeinschaft aufgenommen worden. 1991 hat Mazedonien die Unabhängigkeit von der Republik Jugoslawien erklärt. Bis heute ist das Land eines der wirtschaftlich Schwächsten in der EU. Binnenland, hohe Arbeitslosenquote, fehlende Infrastruktur und Anreize zu Investitionen. Eine korrupte Regierung und der ständig schwelende Namensstreit mit Griechenland erschweren dem Land den wirtschaftlichen und politischen Umbruch.

Erst im Juni diesen Jahres wurden die Beitrittsgespräche in die EU wieder aufgenommen, nachdem sich eine Schlichtung des Namensstreits abgezeichnet hatte. Bisher blockierte vor allem Griechenland sämtliche Bemühungen Mazedoniens, auf dem politischen und wirtschaftlichen Parkett Fuß zu fassen.

Exkurs: Republik Skopje oder  Vardar-Republik oder Dardanien oder Slawische Republik Mazedonien oder …

Wie fast immer ist es für einen Aussenstehenden eigentlich nicht nachvollziehbar. Grund für den Streit: die nördlichen Region Makedonien in Griechenland.

Griechenland befürchtete, dass Mazedonien, mit der Erklärung seiner Unabhängigkeit 1991 auch territoriale Ansprüche auf diese Region in Griechenland erheben könnte. Auch eine Erklärung Mazedoniens, keine territorialen Ansprüche zu erheben, reichten den Griechen nicht aus.

Die erzielte Einigung im Juni 2018 sah vor, Mazedonien in die Republik Nord-Mazedonien umzubenennen. In einem Referendum, welches am letzten Septemberwochenende stattfinden soll, können die Mazedonier über die dafür notwendige Verfassungsänderung abstimmen.

Ideologisches Problem bei der ganzen Sache: Durch die Namensänderung würde die Identität der Mazedonier ausgelöscht – alles Dokumente und offiziellen Einrichtungen würden den neuen Namen erhalten, sprich Mazedonien würde es dann so nicht mehr geben. Dies ist sicherlich ein schönes Stammtisch-Thema zu dem jeder eine bzw. die richtige Meinung hat.

Nachtrag: Aufgrund der zu geringen Wahlbeteiligung wurde das Referendum nicht gewertet – eine Strategie, die durchaus beabsichtigt war von den Gegnern der Namensänderung. Nun wird es also weitergehen mit diesem Volkstheater.

Sonne auf blutrotem Hintergrund – die mazedonische Flagge

Das mazedonische Flaggensymbol hat seinen Ursprung aus dem makedonischen Teil Griechenlands. Die aktuelle Flagge, meiner Meinung nach eine der schönsten Flaggen weltweit, steht für die Sonne, die das Land immer reichlich beschenkt und das Blut der Menschen, die für das Land gekämpft haben. Wenn z.B. die mazedonische Fußballnationalmannschaft ein Spiel bestreitet, so hängen die Mazedonier mit vollem Stolz ihre aktuelle Flagge aus dem Fenster. Sollte es jedoch zu einer mazedonisch – griechischen Partie kommen, so wird eine alte Variante der Flagge herausgehängt – einfach um die Griechen zu ärgern.

Die Neustadt

Zoran lockert den 3,5h Stunden Trip mit vielen solcher Geschichten und Fakten auf – die Zeit vergeht wie im Flug und wir sehen u.a. den Triumphbogen, das Parlamentsgebäude, das Geburtshaus von Mutter Theresa und DEN Börekladen, den man probiert haben muss, wenn man im neuen Teil der Stadt ist.

Mutter Theresa – Kind vieler Nationen

Im Zentrum befindet sich der Erinnerungsstein an das Geburtshaus von Mutter Theresa. Noch so eine Persönlichkeit, um die sich einige Nationen streiten:

  • Mazedonien, wo sie geboren wurde,
  • Albanien, wo ihre Eltern herkommen,
  • Irland, wo sie lange gelebt hat und
  • Indien, wo sie die meiste Zeit Ihres Lebens ver- und die größten Taten vollbracht hat.

Weiter gehts vorbei am Parlament und einer der wenigen Grünflächen in Skopje. Gegenüber vom Parlament befindet sich ein beliebter Park, um gegen die Regierung und für die guten alten Zeiten des Kommunismus zu demonstrieren. 😉

Hinter dem Parlament befindet sich eine kleine unscheinbare Börekstube. Tag und Nacht wird hier das fettige Blätterteiggebäck frisch zubereitet. Gefüllt mit Spinat oder Käse ist es das Nationalgericht der Mazedonier. Ob zum Frühstück, Mittag, Abend oder als Mitternachtssnack – mit einem Ayran, der das ganze Fett neutralisiert, ist es das ideale Katerfrühstück.

Weitere Highlights auf der Tour durch die Altstadt

  • alte Hauptbahnhof, dessen Uhr noch genau die Zeit anzeigt, in der die Stadt 1967 von einem Erdbeben heimgesucht wurde. Als Erinnerung an diese Schreckliche Zeit, wurde der Hauptbahnhof nicht wieder neu aufgebaut.
  • Mutter Theresa Museum
  • Uferpromenade, mit den Gebäuden und Statuen aus dem Projekt Skopje 2014. An einigen dieser Gebäude sieht man heute noch Farbkleckse. Diese stammen aus einer friedlichen, bunten Revolution der Mazedonier im Jahr 2016 gegen die korrupte Regierung.

Skopje 2014 – Geldverschwendung oder Kunst?

Das städtebauliche Projekt ist in etwa deren Berliner Flughafen oder wird auch gern mit Stuttgart 21 verglichen. Der Staat investierte viele Millionen Euros in die architektonische Umgestaltung/ Sanierung der Stadt.

Viele Staatsgebäude wurden und werden im christlichen römischen Stil erbaut – was wiederum gegenüber der zunehmenden muslimischen Bevölkerungszahl eine Ungerechtigkeit ist. Auch hier wieder ein herrliches Stammtischthema – hätten doch die vielen Denars oder Euros nicht sinnvoller in den wirtschaftlichen, infrastrukturellen Aufbau des Landes investiert werden sollen?

Ich persönlich finde die Gebäude wunderschön und sie geben der Stadt einen herrschaftlichen Anblick. Auch die vielen Statuen und Skulpturen finde ich toll – zum schmunzeln, stauen und lachen stellen sie einen Teils des allgemeinen Lebens dar.

Die Altstadt…

….besteht aus den Ruinen des Schlosses und dem Basar. Auf dem Weg zu den Schloßruinen, zeigt uns Zoran seine Lieblingsstraße im Basarviertel. Hier gibt es eine tolle Süßigkeitenstube, die wir unbedingt probieren sollen. Die Inhaberin ist ein Fan unserer Kanzlerin und so gibt es hier die einzigen Angela Merkel-Baklava weltweit :-).

Süß, süßer, am süßesten – die klebrigen Baklva und Gebäckstücke findet man nicht nur in Mazedonien überall. Dazu ein türkischer Kaffee. Ist nicht ganz meins, aber Grund genug für eine kleine Pause.

Das Schloß bietet einen imposanten Blick – aus der Ferne und für einen Blick über die Stadt. Raufgehen lohnt sich also, zumal es gut zu Fuß zu erreichen ist. Und wie so vieles, kostet es keinen Cent oder Denar Eintritt.

Millenium Cross

Den Nachmittag möchte ich nutzen, um einen kleinen Ausflug zum Millenium Cross (Kreuz der Jahrtausendwende) zu machen. Mit dem Bus kann man bis zur Seilbahnstation fahren und von dort aus hoch zum Kreuz. Wir holen uns die Tickets und stellen uns brav an die Bushaltestation. Ein Bus nach dem Anderen fährt an uns vorbei, von Bus, Nr. 25 keine Spur.

Dann erfahren wir, dass wir an der falschen Straßenseite stehen. Also auf die andere Seite und nochmal gut 30 Minuten gewartet – wieder keine 25. Als ich einige Passanten nach dem Bus frage, wird schnell der Busfahrplan via Smartphone gecheckt und eigentlich sollte der Bus in 10-15 Minuten da sein. Ist halt auch viel Verkehr. Nach weiteren 20 Minuten immer noch kein Bus – weder auf dieser noch auf der anderen Seite der Straße.

Wir fragen bei uns im Hotel nach, dort wird uns versichert, dass die Seilbahnstation noch geöffnet ist und wir beschließen mit dem Taxi hochzufahren. Als wir oben ankommen, wird direkt vor unsere Nase das Tor zugemacht. Heut ist der 3. Dienstag im Monat – Wartungsarbeiten werden durchgeführt und die Station daher schon um 17 Uhr geschlossen.

Nach der ersten, zweiten, dritten großen Enttäuschung stellt sich uns nun die Frage: Wie kommen wir wieder runter? Wird langsam auch ziemlich frisch wieder! Auf den Bus, der in 20 Minuten kommen soll, wollen wir uns nicht mehr verlassen, von unserem Taxi sehen wir nur noch die Auspuffgase – meine bessere Hälfte ist ganz offensichtlich not amused und droht mir mit einem langen, frösteligen Heimmarsch.

Da kommt ein Taxi – Gott sei Dank. Bevor es ohne uns den Berg runterfährt, werfe ich mich todesmutig davor und so kommen wir unverrichteter Dinge nach 30 Minuten wieder unten an. Innerlich denke ich, ok, eine Chance habe ich noch, wenn wir morgen das Auto abholen – entweder gleich früh oder bevor wir es in 2 Wochen wieder abgeben. Diese Gedanken behalte ich aber erstmal für mich. 😉

2 Wochen später

Wir sind kurz vor Skopje und ich eröffne Denis, das ich die Gelegenheit nutzen und mit dem Auto „schnell“ beim Kreuz vorbeischauen will. Wieder hält sich die Begeisterung in Grenzen, aber ich kann sehr überzeugend sein – und stur. Auch die von Google avisierten 1h 30min halten mich nicht ab. Wir liegen gut in der Zeit und da wir das Kreuz schon ganz nah sehen glauben wir nicht so recht an diese Zeitangabe.

Langsam arbeiten wir uns voran. Dass die Straßen immer schmaler und enger werden ignoriere ich so gut es geht -bis es eben nicht mehr geht. Wir sind mittlerweile auf einer Schotterpiste unterwegs und immer noch sagt das Navi 30 Minuten über Stock und Stein. Nach dem letzten großen Schlagloch und einem unüberhörbaren Ratsch am Unterboden gebe ich auf. Ein letzter sehnsüchtiger Blick gen Kreuz und um des lieben Friedenswillens wende ich das Auto und wir fahren zurück in die Stadt.

Einen versöhnlichen Abschluss nimmt unser Skopjeaufenthalt noch mit der letzten Nach im Hotel Senigallia, bevor es am Morgen dann zum Flughafen geht Richtung Heimat. Die Taxifahrt aus der Stadt zum Flughafen kann man übrigens schon für 900 Denar bekommen, anstatt der offiziell ausgeschriebenen 1.220 Denar. Ein Tip vom Hotel.

To be continued…

You Might Also Like

1 Comment

  • Reply Katrin 17. Oktober 2018 at 19:59

    Super informativ ? Angela-Merkel Baklava, Geburtsort von Mutter Teresa…. Das merke ich mir … Bin gespannt, wo es als nächstes hingeht ?

  • Leave a Reply