Allgemein, Asien, Vietnam

Cruising Vietnam (Teil 1)

11. Juni 2016

Mit traurigem Herzen verließ ich Hanoi – und mein Herz wurde noch schwerer als ich den Schlafbus sah. In Sachen Bus habe ich ja nun etwas Erfahrung, aber das hier war mal wieder was Neues. Hm, wie beschreibe ich das jetzt am Besten – ein Bienenstock, eine IMG_5824Hühnermastanlage oder einfach ein fahrender Sarg??? Klingt alles dramatischer als es war, aber schön war es nicht. Abgesehen das der Bus bereits voll war mit lärmenden Tweens (ich habe die Liste der Passagiere gesehen und die Mehrheit wurde in den 90-ern geboren)  wurde ich vom Fahrer durch den Minigang gehetzt, um mir endlich ein Sitzbett zu suchen. Leider ist mein „kleiner“ Rucksack immer noch so kompakt, dass ich mich entscheiden musste, entweder packte ich ihn in den Bereich der für die Füße und Beine vorgesehen war, also in Sicherheit, oder ich hätte meine Beine in den nächsten 12h dort hineinquetschen können und es wäre immer noch nicht wirklich gemütlich gewesen. Ich habe mich für die Sicherheit für meinen Rucksack entschieden. Da ist schließlich mein ganzes Leben drin und ich hatte keinen Bock, dass da in der Nacht drauf rumgetrampelt wird oder im Worst Case jemand seine Hände nicht bei sich behalten kann. Und ich habe mir geschworen, dass, so wie es sich irgendwie vermeiden lässt, dies meine letzte Nachtfahrt wird. Ich bin jetzt einfach zu alt und brauche anständigen Schlaf ;-). Überraschenderweise vergingen die 12h doch recht schnell und ich war in Hue.

Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht genau warum ich nach Hue gefahren bin. Der Lonely Planet hat irgendwas erzählt von monumentalen, historischen Gebäuden und einem imperialistischen Flair. Hmm, früh um 8 sah das grad alles nicht so danach aus. Im Hostel wurde ich in ein 6er Dorm gesteckt, in dem bereits 4 Jungs fröhlich vor sich hin schlummerten. Ich war irgendwie lustlos…wollte nur unter die Dusche und nicht mehr raus in die Hitze. Also ging es nach der Dusche erstmal ins Bett. Die Unterkünfte in Vietnam sind wirklich gut. Obwohl recht klein, sind sie erstens immer sauber und bieten zweitens genügend Privatsphäre, da man die Betten durch Vorhänge vor Einblicken schützen kann. Als die Jungs dann aufgewacht sind, konnten sie zwar nicht mich sehen, aber meinen Rucksack und meine Klamotten, und ganz leise haben sie sich gefragt ob denn nun ein „girl“ eingezogen wäre. Yep, ist es…aber jetzt wollte ich erstmal meine Ruhe haben und habe mich nicht gerührt. Irgendwann meldete sich dann mein schlechtes Gewissen uns so schön war es in dem Zimmer dann auch wieder nicht, dass ich dort den ganzen Tag hätte verbringen wollen. Also raus in die Hitze und die monumentalen historischen Sehenswürdigkeiten gesucht. Am Perfume River schlenderte oder besser schlich ich meines Weges, ich war immer noch total matschig im Hirn und sehnte mich nach einem Kaffee. Und auf der anderen Seite des Flusses fand ich ein ganz kleines Cafe, in dem sich nur Einheimische erfrischten…und ich genoß meinen Kaffee und beschloß da erstmal zu bleiben und holte mein Buch heraus. Als ich nach einer Weile aufschaute hatte sich der Himmel bedrohlich verdunkelt. Eine dicke, fette Gewitterwolkenfront zog auf und ich war mir sicher, dass ich es auf gar keinen Fall rechtzeitig zurück ins Hostel schaffen würde. Und so blieb ich sitzen, während um mich herum die Tische und Stühle vor dem drohenden Unwetter in Sicherheit gebracht wurden. Nicht nur ich harrte der Dinge, auch eine Mutter mit ihrer Tochter wollten dem Unwetter trotzen, oder einfach nur noch ein bißchen in meiner Nähe sein. Schon die ganze Zeit hatten sie „heimlich“ Fotos von mir gemacht und plötzlich saß die Mama direkt neben mir und die Kleine musste Selfies von IMG_5807uns machen. Wirklich süß – ja, und dann kam der Regen und der Donner. Wir quetschten uns unter den Sonnenschirm und rückten immer näher zusammen, in der Hoffnung dass es nicht so lang dauern und so schlimm werden würde. Irgendwann, es regnete immer noch, sprang die Mama auf und kam kurze Zeit später mit zwei Regencapes wieder. Eines hielt sie mir hin und eines zog sie sich und der Kleinen über. Sie wollten los, aber nicht, ohne dass ich ihr Regencape bekam, um irgendwie trocken selber nach Hause zu kommen. Tja, und seit dem habe ich ein Regencape mit kleinen blauen Regenschirmen drauf von dem ich mich gar nicht trennen mag, aufgrund dieser liebevollen Geste.

Aber es kann ja nicht immer Regnen und irgendwann tröpfelte es nur noch und ich lief stolz wie Oskar mit meinem geschenkten Regencape zurück. Im Hostel hatten sie inzwischen noch ein zweites Mädchen in unserem 6er Zimmer einquartiert, was sich als echter Glückfall herausstellte, da die Jungs ein wenig eigenbrödlerisch waren. Nicht nur haben wir den Abend gemeinsam ausklingen lassen, sondern auch beschlossen, dass wir am nächsten Tag eine Scooter-Tour durch die Gegend machen würden.

Es lebe der Scooter – mein Gott, was habe ich auf den letzten Reisen wohl alles verpasst. Aber besser spät als nie. Mittlerweile genieße ich das Fahren und kann die nächste Tour gar nicht mehr abwarten. Fahrrad fahren ist was für Luschen, mir kommen nur noch PS untern Hintern. Die Tour rund um Hue war genial. Zum eincruisen ging es ein paar Meter durch die Stadt, vorbei an den Schönsten der Schönen. Am Abend zuvor wurde wohl die Miss Hue gewählt und heute sind alle Teilnehmerinnen zum Winken in der Stadt rumkutschiert worden. Dann haben wir uns raus gewagt – zum Minh Mang Tomb. Der Weg ist ja bekanntlich das Ziel – und so war das spannendste natürlich die Fahrt über Stock und Stein, inkl. einem kurzen Ausflug auf die „Autobahn“. Nächster Stop – der Strand. Ich hatte mir eine Unterkunft direkt am Strand rausgesucht, da ich noch ein, zwei Tage Strand einschieben wollte. Und so rollerten wir zum nächsten Ziel und fanden das Paradies. Nicht nur die Unterkunft, auch die Route direkt durch die Dörfer und vorbei an Land und Leuten war paradiesisch. Leider haben wir uns etwas in der Zeit verplant – so ein Scooter ist dann doch keine Rennmaschine und wir mussten unsere Scenic Route leider abkürzen. Im Dunkeln heizten wir zurück in die Stadt und so schön wie der Ausflug war, ich war heilfroh, als ich ohne Zwischenfällt den Kleinen abgeben konnte. Mir haben Beine und Hände gezittert – vor Euphorie und Erleichterung. Das Bier danach hatten wir uns wirklich verdient.

Am nächsten Tag ging es nur ein paar km weiter an den Strand. Ein unglaublich süsses Ressort wartete auf mich. Zugegebenermaßen konnte ich mir nur die Budget-Variante leisten, also wieder ein Dorm, aber ich wollte mich ja nicht dort aufhalten sondern den ganzen Tag faul am Strand liegen. Man wird ja langsam paranoid, dass man wieder ganz käsig wird, wenn man mal nicht am Strand liegt und die Teintskala auftankt ;-). Ich hatte den Strand tatsächlich ganz für mich allein – und das Meer war im Gegensatz zu Sri Lanka und Indien angenehm erfrischend. Am Abend gab es direkt am Strand Seafood. Bis wir uns aufgrund der Sprachbarriere geeinigt hatten was es zu Essen geben sollte, vergingen mal locker 20 Minuten – und was ich dann auf dem Teller hatte war zwar nicht das Erwartete, aber tausendmal besser. Es war so gut, dass ich am nächsten Abend direkt nochmal hingegangen bin.

 

Aber es war nur ein kurzer Aufenthalt – ich musste weiter. Ja, irgendwie klappt das mit dem „Nichtplanen“ noch nicht ganz so gut. Liegt zum Einen allerdings auch an dem begrenzten Visa, welches in Vietnam nur für 30 Tage gilt, und zum Anderen natürlich auch an mir und dem Drang irgendwie weiter zu müssen. Allerdings muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass ich für die nächsten Tage eine Easy Rider Tour gebucht habe, und den Start nicht noch weiter hinauszögern will. Deswegen ging es heute weiter nach Hoi An. Und obwohl ich mitten am Tag unterwegs war und die Fahrt auch nur 4h dauerte landete ich wieder im oben bereits ausführlich beschriebenen Sleeper Bus…Kurz vor Hoi An sind wir durch Da Nang gefahren, welches ich leider gar nicht auf dem Schirm hatte. Eine größere Stadt, die ebenfalls am Meer liegt – das Rio Vietnams, so kam es mir vor. Schade, dass ich hier nicht länger verweilen konnte.

Und jetzt sitze ich in einem absolut süßen Guesthouse, hatte soeben ein reichhaltiges Abendessen mit der Familie und das mittlerweile schon obligatorische Gewitter mit ordentlich Regen. Eigentlich soll man Hoi An mit dem Fahrrad erkunden können – aber ich werde mir wohl einen Scooter nehmen :-).

Ich bin ganz fasziniert von Vietnam. Hatte ich am Anfang ja noch so meine Schwierigkeiten mit den Menschen, sind sie mir mittlerweile richtig ans Herz gewachsen. So viel Freundlich- und Herzlichkeit. Ich bin immer noch ganz schön am Husten und sofort wird nach meiner Gesundheit gefragt, ich mit sorgenvollen Blick betrachtet und meine Temperatur geprüft. Oder heute Mittag, als ich auf den Bus gewartet habe, wurde mir ein Glas frisch gepresster Zuckerrohrsaft vor die Nase gestellt oder eben die Einladung zum Familienabendessen.

Hier gibt es neue Bilder aus Vietnam.

 

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