Jahrelang habe ich auf den Tag gewartet und als er dann endlich da war, konnte ich nicht schnell genug weg! Weg aus Cottbus, meiner Heimat – denn ich fand es da doof, trist und laaaaaangweilig.
Gut 20 Jahre (!) später bin ich wieder in Cottbus – diesmal als Tourist. Ich möchte meinem Freund zeigen wo ich aufgewachsen bin – und sehe eine vollkommen andere Stadt als die, die ich damals hinter mir gelassen habe.
So erreichst Du Cottbus
Cottbus liegt 120 km südöstlich von Berlin und knappe 140 km nordöstlich von Dresden. Mit dem Auto sind es gut 1-1,5h. Ich nutze eigentlich immer die ODEG von Berlin aus. Vom Ostkreuz dauert es ca. 1 Stunde bis der Zug im Cottbusser Hauptbahnhof einfährt. Für einen Tagesausflug von Berlin aus ist das VBB Tagesticket für 21€ zu empfehlen – hin und zurück. Ansonsten kostet die einfache Fahrt im Regeltarif 14,50 €.
Von Bahnhofsvorplatz fahren Straßenbahnen und Busse in alle Himmelsrichtungen – ich bin in der glücklichen Lage in nur 10 Minuten Fußweg zu Hause anzukommen.
Cottbus – Wikipediawissen
Stand Dezember 2016 leben etwas über 100.000 Menschen in und um Cottbus. Nach der Landeshauptstadt Potsdam, ist Cottbus die 2. größte Stadt in Brandenburg. Sie gilt als das kulturelle und politische Zentrum der national anerkannten Volksgruppe der Sorben. Vor allem daran zu erkennen, dass viele Schilder an Straßen und öffentlichen Gebäuden zweisprachig ausgewiesen sind.
In den Medien eilt Cottbus der Ruf voraus eine eher nationalistisch geprägte Stadt zu sein. Aus meiner Jugend kann ich nur sagen, dass es hier als Gegenpol auch immer eine starke Antifa-Szene gab.
Sehenswürdigkeiten oder was sollte man sich in Cottbus anschauen
Uni-Bibliothek aka IKMZ
2004 wurde die Uni-Bibliothek oder auch IKMZ oder auch Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum eröffnet und gewann seit dem einige Auszeichnungen. Am Anfang fand ich das Gebäude ja ganz schrecklich – als ob jemand vergessen hatte, nach der Renovierung das Zeitungspapier aus den Fenstern zu entfernen. Mittlerweile finde ich, es ist ein ziemlich cooles Gebäude und ein Besuch war längst überfällig.
Stadtführungen in Cottbus
Wir starten unseren Stadtspaziergang an der Stadthalle. Eindeutig kein schönes Bauwerk, aber durch seine zentrale Lage ein guter Treff- und/ oder Startpunkt. Hier ist u.a. auch die Touristeninformation zu finden und der Treffpunkt für die angebotenen Stadtführungen. Zeitlich hat es nicht geklappt, aber eine Stadtführung mit dem Cottbusser Postkutscher steht ganz oben auf meiner Cottbus-To-Do-Liste.
Extra: Der Cottbusser Postkutscher
„Der Cottbuser Postkutscher putzt den Cottbuser Postkutschkasten. “ Jeder Cottbusser hat mindestens einmal in seinem Leben diesen Zungenbrecher auf der Zunge gehabt. Bis ins 17. Jahrhundert reicht die Tradition des Postkutschen putzen zurück – eine Verordnung regelte, dass man nur mit einer sauberen Postkutsche vor das Posthaus vorfahren durfte. Damals bestand eine rege Fahrpost- und Reitverbindung zwischen Cottbus und Berlin/Cölln (das heutige Neukölln).
Entlang der Stadtmauer : Teehaus, Puschkinpark, Klosterplatz, Konservatorium
Ein verwunschener Ort in meiner Kindheit war schon immer das Japanische Teehäuschen am Eingang vom Puschkinpark – direkt gegenüber der Stadthalle. Zu DDR-Zeiten leider total verwahrlost, erstrahlt es heute im neuen Glanz. Von da aus entlang der Stadtmauer Richtung Klosterplatz und -kirche. Hier finden noch regelmäßig mittelalterliche Märkte statt und die Cottbuser Jugendherberge ist hier zu finden.
Ein Blick lohnt sich auf die andere Seite der Berliner Straße – der architektonische Stil der Wohnhäuser ist bezeichnend für die Bauweise der DDR. Keine Ahnung wie sich der „Stil“ nennt. Kleine Auflockerung zwischendurch: ein super cooles Grafitto in einer Tordurchfahrt.
Zurück zum Puschkinpark, der gestern wie heute zum relaxen, spazieren gehen und entspannen genutzt wird. Die Puschkinpromenade ist in etwa zu vergleichen mit der Monopolyschen Schloßalle und Parkstraße. Als Kind war ich einmal in der Woche in der Musikschule und mein Weg führte mich hier entlang.
Schon damals, als die Gebäude teilweise leer standen, grau und abgeblättert, nicht wirklich einladend aussahen, strahlten sie dennoch eine unglaubliche Eleganz und Würde aus. Heute ist alles saniert und im alten Stil neu aufgebaut. Ein herrschaftlicher Anblick!
Viel weiter als bis zum Konservatorium bin ich als Kind eigentlich nie gekommen. Das hole ich heute nach und entdecke am Ende vom Puschkinpark das alte Jugendzentrum, welches seine Türen für Familien und Jugendliche öffnet. Davor ein riesiger Spielplatz mit einer lebensgroßen Holzimitation des Cottbusser Postkutschers.
Das alte Cottbus im neuen Gewand: Amtsgericht, Elektrizitätswerk, Gerberhäuser und Kunstmuseum
Wir bleiben innerhalb der Spree und überqueren die Sandower Hauptstraße Richtung Schloßturm und Gerichtsplatz.
Amtsgericht – Platz der Erinnerungen
Wie in Dornröschens Märchen liegt der Schloßturm hinter Büschen und dicken Mauern. Nach einem kurzen Weg bergauf finden wir eine Maueröffnung die uns auf den Gerichtsplatz führt. Meine einzige Erinnerung an dieses Viertel ist der Amtsteich, auf dem wir Kinder im Winter immer Schlittschuhlaufen waren. Da er nicht so riesig ist, war die Wahrscheinlichkeit am größten, dass das Wasser zugefroren und halb Cottbus hier auf Kufen anzutreffen war. 🙂
Entlang dem Kopfsteinpflaster und vorbei an den altehrwürdigen Fassaden, können wir vom Gerichtsplatz aus auf ein tolles Ensemble aus Fabrik, Spreewehr und alten Wohnhäusern blicken.
Über Goethe und Diesel zur Kunst und den ältesten Wohnhäusern in Cottbus
Das Elektrizitätswerk wurde mit viel Liebe wieder zum Leben erweckt und bietet heute Platz für Kunstausstellungen und andere Events. Von hier aus laufen wir ein kurzes Stück im Goethepark entlang, und machen Rast am Amtsteich. Zu unserer rechten taucht plötzlich ein mir bis dato völlig unbekannter Ziegelbau auf – das alte Dieselkraftwerk und heutige Kunstmuseum Cottbus.
Wir wenden uns wieder Richtung Stadtmitte und passieren die Wohn-/ Gerberhäuser in der Uferstraße. Diese zählen zu den ältesten Häusern der Stadt und bieten heute, aufwendig saniert und restauriert, Touristen ein einmaliges Aufenthaltserlebnis.
Das Zentrum von Cottbus: Oberkirche, Altmarkt und Sprem
Jetzt sind wir wieder in mir alt- und gut bekannten Gefilden. Schon von weitem ist die Oberkirche zu sehen. Von hier aus geht es entlang der Straßenbahnschienen, vorbei an den Geschäften meiner Kindheit auf den wohl bekanntesten Platz der Stadt – den Altmarkt.
Altmarkt: Treffpunkt für Jung und Alt, Daheimgebliebene und Rückkehrer
Obwohl gerade einmal kein Weihnachts-, Herbst- oder Töpfermarkt auf dem Altmarkt gastiert, ist der Platz gut besucht. Die Cottbusser drängen sich an die Tische die von den Restaurants und Cafés auf dem Platz verteilt wurden. Nach einer kleinen Stärkung im italienischen Eiscafé setzen wir unseren Stadtrundgang in der Spremberger Straße fort.
Die „Sprem„, wie sie auch genannt wird, war zu DDR-Zeiten die Einkaufsstraße in Cottbus. Bis heute ist es jedoch nicht gelungen, der Straße eine Daseinsberechtigung nach Ladenschluss zu geben. Selbst am Wochenende liegt sie meist verlassen und trostlos da und wird gefühlt lediglich als Durchgangs- oder Verbindungsstraße zum Altmarkt oder in anderer Richtung, zur Straße der Jugend genutzt.
Extra: Die Schloßkirche
Die Schloßkirche, in der Mitte der Sprem, stand schon immer für etwas Besonderes und wurde 1714 als Refugium von den Hugenotten erbaut.
Während des Sozialismus, wo Glaube klein gehalten wurde, stand diese Kirche mitten im Zentrum der Stadt. An einem Punkt, den täglich viele tausend Menschen passierten. Die Kirche hat die ganze Zeit ihren Platz bewahrt.
Nach der Grenzöffnung entstand hier ein Begegnungsort für Menschen in Not und ohne zu Hause.
In den kommenden Jahren veränderte sich die Gemeindelandschaft in Cottbus. Viele Kirchen und Vereine bauten eigene Räume aus und um. So verlor die Schloßkirche allmählich ihren Sinn und Zweck.
Als die Kirche 2015 offiziell der jüdischen Gemeinde übergeben wurde, erhielt sie wieder ihren urtypische Sinn und Zweck. Eine Begegnungsstätte für Menschen die Ihre Heimat verlassen mussten und Raum für Ihren religiösen Glauben benötigen.
GladHouse – das kulturelle (Jugend-) Zentrum der Stadt
Am Ende führt die Sprem über den Breitscheidplatz auf die Straße der Jugend. Verheißungvoller kann ein Name nicht sein – und ob es nun Zufall ist oder nicht… In der Straße der Jugend Nr. 16 ist das Gladhouse beheimatet. Das Gladhouse ist Konzerthalle, Club, Disco, Kino, Begegnungsstätte – einfach alles was Teenager und Junggebliebene sich wünschen. Auch ich habe hier viele Konzerte, Partynächte, Heilig Abende verbracht. Definitiv ein kulturelles Highlight der Stadt.
Nicht verpassen: Staatstheater
Ein Besuch in Cottbus wäre jedoch nicht komplett, ohne das Staatstheater wenigstens mal von außen gesehen zu haben. Als Cottbusserin kenne ich es von Innen ziemlich gut. Diesmal hatten wir jedoch nur Gelegenheit für eine kurze Stippvisite.
Warum man das Theater unbedingt gesehen haben muss? Na weil …
- … es das einzige staatliche Theater in Brandenburg ist,
- … es alle vier Sparten Schauspiel, Orchester, Ballett und Musiktheater mit einem eigenen Ensemble abdeckt,
- … es einfach wunderschön anzusehen ist.
Tipps: Essen, Trinken & Ausgehen in Cottbus
Apropos Aperitif – es gibt einige Instanzen in Punkto Nachtleben in Cottbus.
Bereits erwähnt habe ich das Gladhouse. Schaut doch mal, ob nicht gerade ein Konzert stattfindet.
Unweit vom Gladhouse, in der Marienstr., befindet sich die legendäre Kneipe Marie. Mittlerweile sind die Räume saniert, aber der Flair der linken Anarchoszene aus den 90ziger weht immer noch durch die Räume. Vor allem zur Oster- und Weihnachtszeit, wenn im Hof das Lagerfeuer entzündet wird.
Im Bebel kann man sowohl gut trinken, als auch tanzen oder Kleinkonzerten oder den Talenten von Offenen Bühnen lauschen.
In der Friedrich -Ebert Str. gibt es einige Bars, die manchmal auch Livemusik anbieten, wie z.B. das Comicaze.
Den Platz am Stadtbrunnen teilen sich gleich ein paar Lokalitäten. Ebenfalls eine Cottbusser Instanz in Sachen Burger ist Jimmy’s Diner. Danach genehmigt man sich in der Hemingways Bar einen guten Cocktail. Und die direkt gegenüberliegende Strandpromenade verspricht Urlaub mitten in der Stadt.
Nicht weit davon entfernt, im Prinzip einmal durch den Bogen zurück auf die Sprem, die Schloßkirche rechts liegen lassend, ist die Tapas- und Cocktailbar Esscobar ebenfalls sehr zu empfehlen.
Und nicht vergessen darf ich natürlich den Stadtwächter – gut bürgerliche Küche, anständige Cocktails und unbedingt reservieren. Hier treffen sich alle, die auf einen Kurzbesuch immer wieder nach Hause kommen.
TIPP: Redos XXL Restaurant – für den richtig großen Hunger. Hier geht’s zum detaillierten Erfahrungsbericht.
Weitere Tipps und Empfehlungen hinsichtlich Erholung, Natur und Ausflugszielen in und um Cottbus bekommt ihr hier.
Spaziergang durch Cottbus
Länge: ca. 4km
Dauer: 3h mit Pausen
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